Berlin. Der große alte Herr der europäischen Actionkomödie: Bei der Vorpremiere einer gelungenen Arte-Dokumentation in Berlin über die Legende Bud Spencer dankte der 82-jährige Kultstar seiner treuen Fangemeinde.
Eine halbe Stunde vor dem großen Auftritt ihres Idols hatten eingefleischte
Bud-Spencer-Fans noch bangen müssen. Im Internet kursierte das Gerücht, dass es
sich bei der Vorpremiere um eine geschlossene Veranstaltung handele. Nur wer auf
der Gästeliste von Arte stehe, dürfe ihn sehen, den Film und vor allem den
italienischen Meister selbst. Christian Padel ist trotzdem gekommen: „Ich habe
alle seine Filme gesehen. Aber ihn selbst, live, noch nie.“ Der Frau an der
Kinokasse präsentiert er sein rotes T-Shirt mit dem Konterfei seines Idols. Sie
hat Erbarmen: „Für echte Fans haben wir noch Tickets.“
Bud Spencer ist ein Bär von einem Signore. Im eleganten, schwarzen
Dreiteiler mit weißem Einstecktuch, das Gesicht im hohen Alter noch
zerknautschter, als es jemals war. Auf einen Gehstock gestützt und doch von
würdevoller, schlagkräftiger Statur schreitet der Italiener über den roten
Teppich des Berliner Babylon Kinos: Carlo Pedersoli, dem sein bürgerlicher Name
heute mit 82 Jahren viel besser steht als der Künstlername des klamaukigen
Actionhelden, unter dem er zum Kult wurde. Bud Spencer gibt es tatsächlich. Und
vor allem: immer noch.
Zur Vorpremiere der
Arte-Dokumentation „Bud’s Best – die Welt des Bud Spencer“ ist der König der
Western-Klamotte eigens aus Rom angereist. Der Besuch ist auch ein Dankeschön an
seine Fans: „Ihr habt mich zu dem gemacht, der ich bin.“ – ein Phänomen der
Popkultur; Medienliebling, dessen Biographie im letzten Jahr zum
Überraschungserfolg wurde.
Jetzt, als Carlo
Pedersoli den Kinosaal betritt, applaudieren die rund 500 Gäste. Einige erheben
sich von den Sitzen, aus Ehrfurcht vor seiner Erscheinung möglicherweise,
vielleicht aber auch bloß, damit die Handykamera diesen Moment besser festhalten
kann.
Der Weltstar ist alt
geworden
Langsam und erhaben schreitet er
durch die Kinoreihen. Ob’s am Alter liegt oder ob der Profi in ihm den
Kameraleuten und Fotografen genug Zeit geben will, ihre Bilder zu machen? Alt
geworden ist Bud Spencer ohne Zweifel. Nein, Szenen wie damals mit seinem Kumpel
Terence seien nicht mehr drin, räumt er später lächelnd ein. „Mein Gehirn ist
aber erst 28 Jahre alt.“
Von Arte als
„veritabler Weltstar“ angekündigt, nimmt der alte Signore Platz in der ersten
Kinoreihe, von der aus er gleich sein Leinwandleben an sich vorbeiziehen sehen
wird.
Aus der Schmuddelecke des
Actionklamauks ins Rampenlicht
In der
knapp einstündigen Fernsehdoku spüren die Filmautoren Friedemann Andreas Beyer
und Irene Höfer der Legende Bud Spencer hinterher – und tragen gleichzeitig
nicht weniger zur Legendenbildung bei: Bud Spencer im Doppel mit Terence Hill
als Erfinder des komischen Western; Bud Spencer als italienischer
Familienvater, großes Kind und liebevoller Großvater zugleich; Bud Spencer, der
für ein Männerbild steht, an das sich jene, die in den 70ern jung waren, gerne
erinnern.
Getragen von jenen Filmszenen aus
B-Movie-Klassikern wie „Vier Fäuste für ein Halleluja“, „Zwei außer Rand und
Band“ oder „Sie nannten ihn Mücke“ dokumentiert der Film auf kurzweilige Art ein
Stück Geschichte des europäischen Komödienkinos. Von den Machern mit
rhythmischen Schnitten, moderner Bildsprache und treibender Musik inszeniert,
hebt die Dokumentation die Bud-Spencer-Streifen liebevoll aus der Schmuddelecke
des Primitiv-Klamauks ins Rampenlicht des Kultkinos. Solange die Fäuste fliegen,
ohne dass Blut fließt und die Antihelden mit rustikalen Dialogen aufwarten, sind
Tiefgang und schauspielerisches Talent Nebensache. Gerade durch das Primitive
und Dilettantische erlangen die Filme ihre Durchschlagskraft, so lautet das
Erklärungsmuster der Arte-Autoren für den Kultcharakter der
Spencer-Filme.
„Ich bin ein einfaches
Produkt des Kinos“
„Ich mime den
Schauspieler nur“, gesteht dieser Pedersoli an einer Stelle des Films. Vor dem
Berliner Publikum zeigt er sich ähnlich demütig: „Ich bin ein einfaches Produkt
des Kinos.“ Über riesigen Tränensäcken leuchten noch immer kleine, wache Augen.
Mit sonorer Stimme gelingt es dem Signore bis heute die Kinoreihen zum Lachen zu
bringen. Denn genau darum ging es in seinem Leben stets: „Warum immer Greinen
und Jammern. Der Tod kommt sowieso. Warum sollten wir nicht auch mal lachen?“
Zum Schluss schlägt dann noch einmal die
Stunde einer seiner vielleicht größten Bewunderer: Hardcore-Fan und
Spencer-Devotionalien-Sammler Terence Probandt, der auch in der Dokumentation zu
Wort kommt, darf auf die Bühne. Er hat die ganze Nacht an einem Porträt gemalt,
um damit seinem Idol mit leicht zitternder Stimme für „die schönsten Stunden“
mit seinen Filmen zu danken. Signor Spencer erhebt sich, drückt dem jungen Mann
die Hand. Lächelnd dreht er das Porträt seiner selbst in die Kamera. Es zeigt
den Meister, so wie ihn seine Fangemeinde liebt: Auch der gezeichnete Actionheld
schenkt der Welt ein breites Grinsen.