London/Cardiff.. Tragödie in Großbritannien: Eine 33-jährige Britin wollte, dass ihr Sohn (7) den ganzen Koran auswendig konnte. Doch Yaseen blieb hinter ihren Erwartungen zurück. Da soll sie ihn zu Tode geprügelt haben.
Ein verschmitzter Blick, ein charmantes Lächeln – so behält Großbritannien den siebenjährigen Yaseen in Erinnerung. Der Junge musste sterben, weil er den Koran nicht so schnell auswendig lernen konnte, wie es die Mutter wünschte. Jetzt ist sie wegen der tödlichen Prügelattacke auf Yaseen vom Gericht in Cardiff zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Was bleibt, sind unbequeme Fragen.
Für die Lehrer war das Zuwandererkind ein Sonnenschein – sympathisch, höflich, wissbegierig. Seiner ehrgeizigen Mutter Sara E. (33) war das jedoch nicht genug. Die gebürtige Inderin wollte, dass der Siebenjährige zum Hafiz aufsteigt – jemand, der den gesamten Koran auswendig kennt und viel Respekt bei Muslimen genießt, weil er die Schrift bei wichtigen Ereignissen rezitiert. Doch Yaseen blieb hinter ihren Erwartungen zurück: „Ich wollte, dass er 35 Seiten in drei Monaten schafft“, sagte sie vor Gericht, „er hatte aber nach einem Jahr nur ein Kapitel gelernt.“
Mutter soll Sohn monatelang traktiert haben
Monatelang muss Sara E. den Siebenjährigen traktiert haben. Sie schlug ihn mit Stöcken, einer Teigrolle, einem Hammer oder ihren bloßen Fäusten. Ihren letzten Wutausbruch sollte Yaseen nicht mehr überleben. An jenem Tag im Juli 2010 hätte er eigentlich zu einem Teddybär-Picknick mit seiner Schule gehen sollen – eine Veranstaltung, bei der die Kinder ihre Schmusetiere mitbringen dürfen. Doch weil er beim Auswendiglernen der Koranverse kaum Fortschritte zeigte, hielt Sara E. ihn im Haus. Nach einer ihrer Prügelattacken kollabierte das Kind schließlich. Statt den Notarzt zu rufen, griff sie zu Grill-Anzünder und setzte seine Leiche und das Haus in Brand. Erst bei der Obduktion stellte sich heraus, dass Yaseen nicht bei dem Feuer umgekommen, sondern schon zuvor seinen Verletzungen, darunter drei Knochenbrüchen, erlegen war.
Auch an Yaseen hatten andere Spuren von Schlägen erkannt – zum ersten Mal 2003, als die Polizei dann aber nicht eingeschaltet wurde, das letzte Mal 2007, als die Behörden Sara E. mit ihren Beobachtungen konfrontierten. Doch die Mutter verbat sich jede Einmischung.
Mutter war in arrangierter Ehe depressiv
Erst vor Gericht, als die Umstände von Yaseens Tod verhandelt wurden, zeigte sich das gesamte Elend der Einwandererfamilie. Sara E. war nach mehreren Fehlgeburten stark depressiv. Ihre Ehe war von den Eltern arrangiert worden, den 38-jährigen Gatten, einen Taxi-Fahrer, beschrieb sie als gewalttätig. Alle Hoffnung lag auf dem Sohn: Als Hafiz der örtlichen Moschee hätte er der hadernden Familie zu Ansehen und Ehre innerhalb der muslimischen Gemeinschaft verholfen. Doch die Merkfähigkeit des Kleinen konnte mit den Plänen der Eltern kaum Schritt halten.
Das Fazit im Schlussbericht der Sozialbehörden liest sich wie eine Kapitulationserklärung. Obwohl mehrere Stellen ein Auge auf Familie E. gehabt hätten, gab es „keinen koordinierten Ansatz“, heißt es da. Das Ausmaß „ihrer sozialen und kulturellen Isolation“ – und damit Yaseens Gefährdung – habe niemand geahnt. Seitdem werden viele Fragen laut: Wie viele unentdeckte Yaseens mag es noch geben? Und wer, wenn nicht Lehrer und Sozialhelfer, sollen sie finden?