Washington.. US-Verteidigungsminister Panetta hatte versprochen, die US-Soldaten, die Anfang des Jahres etwa 100 Koranausgaben verbrannt und auf Leichen afghanischer Kämpfer uriniert haben, in „vollen Ausmaß“ zur Verantwortung zu ziehen. Daraus wird wohl nichts.
Amerikanische Soldaten, die über 100 Koran-Ausgaben verbrennen und auf die Leichen afghanischer Kämpfer urinieren: Berichte, Fotos und Videos über diese Zwischenfälle sorgten Anfang des Jahres weltweit für Empörung und nährten die Sorge vor einer noch größeren Entfremdung zwischen den von Amerika geführten Schutztruppen am Hindukusch und der afghanischen Armee und Bevölkerung. Jetzt hat die US-Militärjustiz entschieden, dass mit den insgesamt neun beteiligten Soldaten, darunter Elite-Kämpfer der Marines, überraschend milde umzugehen ist.
Sie werden disziplinarrechtlich belangt, in keinem einzigen Fall haben sie Strafen nach dem Militärgesetz zu gewärtigen; geschweige denn Gefängnis. Wie das Verteidigungsministerium am Montagabend ohne nähere Erläuterung mitteilte, hat eine Untersuchung von Brigade-General Bryan Watson ergeben, dass „mangelnde Kommunikation, schlechte Führung und Misstrauen zwischen der amerikanischen und afghanischen Seite“ am Ende Grund für die Fehltritte gewesen seien, nicht aber „bösartiger Wille oder Respektlosigkeit gegenüber dem Islam“.
Wenig Verständnis in Afghanistan
Um welche Art von Disziplinarmaßnahmen (Herabstufung, Karriereende, Soldkürzung etc.) es sich exakt handelt, gab das Pentagon ebenso wenig bekannt wie die Namen der Beteiligten. In Washingtoner Militärkreisen rechnete man damit, dass die Entscheidungen in Afghanistan auf wenig Verständnis stoßen werden.
Bei Protesten nach den Vorfällen kamen im Frühjahr mehrere Menschen ums Leben. Präsident Hamid Karsai hatte seinerzeit harte Strafen für die Soldaten gefordert und war dabei bei US-Verteidigungsminister Panetta auf offene Ohren gestoßen.
„Dieses Verhalten ist für Angehörige des US-Militärs absolut unangemessen und spiegelt nicht den Standard oder die Werte, für die unsere Streitkräfte eintreten“, sagte Panetta im Frühjahr und kündigte an, die Soldaten würden dafür „in vollem Ausmaß“ zur Verantwortung gezogen. Gemessen am jetzt bekannt gewordenen Strafmaß, kritisierten Militärs anonym in einschlägigen Internet-Blogs, habe Panetta „einiges zu erklären“.