Essen. In der „Tatort“-Premiere „Todesspiel“ ermitteln die Hauptkommissare Klara Blum (Eva Mattes) und Kai Perlmann (Sebastian Bezzel) am Bodensee in der gehobenen Gesellschaft. Während Klara Blum ihrem Spürsinn vertraut, mischt sich ihr Kompagnon unter den Freundeskreis des Ermordeten.
Der moderne Tatort-Kommissar geht vorzugsweise mit dem Roller auf Verbrecherjagd, reißt Waschbecken aus der Wand, wenn er frustriert ist, führt absurde Selbstgespräche oder ist gar mit der ermittelnden Kollegin verheiratet. Je schräger oder schrulliger, desto größer verspricht derzeit die Einschaltquote zu werden.
Doch es gibt sie noch, die seriös arbeitenden TV-Kommissare, die ihre ganze Schauspielkraft aufbieten, um die älteste aller Krimifragen zu beantworten: Wer ist der Mörder? Am Bodensee hat diese bedrohte Spezies ein Rückzugsgebiet gefunden. Hauptkommissarin Klara Blum (Eva Mattes) hat in ihrem neuen Fall „Todesspiel“ (ARD, Sonntag, 20.15 Uhr) einen Mord mit mehr Verdächtigen als Hinweisen aufzuklären.
Kalauer werden zu guten Witzen
Benjamin Wolters (Michael Pink), der letzte Playboy von Konstanz, wird tot in seiner Villa aufgefunden. Zwei Kugeln stecken, ach, in seiner Brust. Niemand scheint dem fiesen Millionenerben, der Zeit seines 32 Jahre dauernden Lebens keinen einzigen Tag gearbeitet hat, auch nur eine Träne nachzuweinen. Selbst die Putzfrau des Verschiedenen ist nur mäßig erschüttert. Ob ihr denn etwas aufgefallen sei, fragt Klara Blum am Tatort. „Na, der Herr Wolters liegt sonst nicht tot auf dem Boden.“
Ins Visier gerät zuvorderst die exaltierte Clique, die der Verstorbene um sich geschart hatte: Marcus (Torben Liebrecht), der zwielichtige Hedgefonds-Manager. Daniel (Daniel Roesner), der in einer Casting-Show Zweiter wurde und seitdem höchstens noch bei Supermarkteröffnungen sein brüchiges Stimmchen zu Gehör bringen darf. Boutique-Besitzerin Nadine (Alexandra Finder), eine der unzähligen Verflossenen, die gern das oberflächliche Luder gibt. Und schließlich Alisa (Anna Bederke), die letzte Errungenschaft des Playboys. Einer weiteren Ex-Freundin hat Wolters wohl mehr als nur das Herz gebrochen: Julia (Samantha Richter) döst mit einem schweren Trauma in der Psychiatrie vor sich hin. Ihr Vater, ein Polizeibeamter, war dann auch als einer der ersten am Tatort. Komischer Zufall.
Großartige Mattes, lakonischer Bezzel
Während Klara Blum ihrem Spürsinn vertraut, mischt sich ihr Kompagnon Kai Perlmann (Sebastian Bezzel) undercover unter den coolen Freundeskreis des Ermordeten. An dieser Stelle offenbaren sich Schwächen. Denn wie arglos die Clique den pausbäckigen Perlmann aufnimmt, ist verblüffend.
Besonders dünn wird es aber, wenn die Schönen bei Kerzenschein Schampus schlürfen und die Regieanweisung „jetzt seid mal reich und eklig“ derartig pomadig umsetzen, als finde die kleine Party im Speiseraum eines Internats statt. Aber vielleicht war das ja auch gewollt. Konstanz ist nicht München.
Gerettet wird der Bodensee-Tatort durch einen interessanten Plot, vor allem aber durch das Ermittlerduo. Die großartige Eva Mattes und der angenehm lakonische Sebastian Bezzel haben derart viel Spaß, dass selbst mancher Kalauer dank ihres perfekten Timings zum guten Witz gerät. Ergänzt wird das Team durch Polizeisekretärin Beckchen (Justine Hauer), die offenbar als einzige „Konschtanz“ in Mundart auszusprechen vermag und damit das „Todesspiel“ ungemein erdet. Denn auch das sollte ein Tatort sein: stets ein Stück Region.