Düsseldorf/Essen. Am Wochenende waren die Züge deutlicher voller. Das bedeutete mehr Stress für Fahrgäste und Personal – zu Übergriffen sei es aber nicht gekommen.

Der erste „Stresstest“ mit dem neuen 9-Euro-Ticket ist geschafft: Am Pfingstwochenende waren die Züge deutlicher voller als sonst. Viele Ausflügler nutzten den vergünstigten Fahrschein im Nahverkehr. Am Kölner Hauptbahnhof versuchten zahlreiche Reisende vergeblich, mit ihren Fahrrädern noch einen Platz in den Abteilen zu bekommen. Auf den Bahnsteigen der Fernzüge, in denen das 9-Euro-Ticket nicht gilt, war die Lage hingegen entspannt.

Die Personalvertretung der Deutschen Bahn berichtet von einer hohen Belastung für die Mitarbeiter. „Die Neun-Euro-Aktion hat erwartungsgemäß einen großen Ansturm auf die Regionalzüge ausgelöst, der bundesweit zu deutlich mehr Fällen von Überlastung geführt hat“, sagte der Vize-Vorsitzende des Gesamtbetriebsrats DB Regio, Ralf Damde, den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland.

Erstes Wochenende mit 9-Euro-Ticket – Fahrradmitnahme nicht immer möglich

„Zu den befürchteten tätlichen Übergriffen gegen das Bahnpersonal kam es nicht, wohl aber zu verbalen“, sagte Damde. Der massive zusätzliche Personalbedarf habe allein über Pfingsten Tausende Überstunden nötig gemacht. Trotz der vielen zusätzlich eingesetzten Fahrzeuge mussten Passagiere abgewiesen werden. „Überall in Deutschland waren die Bahnsteige und die Züge voll, in mehreren Fällen mussten überfüllte Züge geräumt werden – aber zum Glück keine Bahnhöfe.“

Laut ersten Auswertungen der Problemmeldungen der Zugführer hat es an jedem Tag bundesweit etwa 400 Züge mit zu hoher Auslastung gegeben, sodass Passagiere abgewiesen werden mussten oder Fahrräder nicht mitgenommen werden können. „Vor allem Fahrräder sind nach wie vor ein großes Problem“, sagte Damde dem RND.

Auch Unerfahrenere nahmen mal wieder den Zug

Insgesamt gab es pro Tag rund 700 Meldungen von Überlastung, Problemen mit Passagieren oder Störungen an die Einsatzzentrale. Das sei signifikant mehr als an einem durchschnittlichen Wochenende und auch signifikant mehr als an Pfingstwochenende vor Corona.

Mehr Fahrgäste als sonst nahmen am Wochenende in NRW den Nahverkehr in Anspruch.
Mehr Fahrgäste als sonst nahmen am Wochenende in NRW den Nahverkehr in Anspruch. © Roberto Pfeil/dpa | Unbekannt

Zu erhöhtem Personal- und Zeitaufwand führte demnach, dass viele Reisende ohne Bahn-Erfahrung sich auf den Bahnsteigen oder in großen Bahnhöfen nicht zurecht fanden, erklärte Damde. „Insgesamt brauchten die Passagiere deutlich mehr Hilfestellung als sonst. Dazu gehörte auch, dass viele Menschen, die lange nicht Zug gefahren sind, nicht wussten, dass im ÖPNV nach wie vor Maskenpflicht herrscht.“

Betriebsrat: „Viele Bahn-Angestellte gehen schon jetzt auf dem Zahnfleisch“

Der zusätzliche Einsatz von Fahrzeugen habe flächendeckend zu Überstunden für das Bahn-Personal geführt, vor allem bei Lokführern, Kundenbetreuern, Service-, aber auch Reinigungskräften und dem Personal für die Instandhaltung, erklärte Damde. „Störungen können nicht mehr in der Werkstatt, sondern müssen an Fahrzeugen im Dauereinsatz von mobilen Teams vor Ort behoben werden.“

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Das Personal habe die Zusatzaufgaben über die Betriebsteile hinweg sehr kooperativ und engagiert ausgeübt, sagte er dem RND. „Im Ausnahmefall ist das möglich, aber dauerhaft nicht. Viele Bahn-Angestellte gehen schon jetzt auf dem Zahnfleisch“, betonte Damde.

Gedränge auf den Bahnsteigen: Bahn hatte gewarnt

Die Deutsche Bahn hatte im Vorfeld bereits gewarnt, dass es am langen Pfingstwochenende insbesondere bei touristischen Zielen in den Regionalzügen voll werden könne. Mit dem 9-Euro-Ticket können Fahrgäste seit vergangenen Mittwoch einen Monat lang bundesweit den Nahverkehr nutzen. Fahrscheine sind für die Monate Juni, Juli und August erhältlich.

Auf den Autobahnen war es am Montagnachmittag zunächst relativ ruhig. Der WDR meldete in Nordrhein-Westfalen Staus mit einer Gesamtlänge von knapp 50 Kilometern.

Im Flugverkehr lief am Wochenende ebenfalls nicht alles glatt. Der Grund dafür ist weiterhin fehlendes Sicherheitspersonal. Verdi-Sekretär Özay Tarim kämpft seit Jahren für bessere Arbeitsbedingungen an den Sicherheitskontrollen der großen NRW-Flughäfen Düsseldorf und Köln. „Unseren Berechnungen zufolge fehlen in Düsseldorf 500 Kontrollkräfte, am Flughafen Köln/Bonn sind es mindestens 100“, sagt er im Gespräch mit dieser Redaktion und warnt er vor langen Wartezeiten im Sommer. (red/dpa/afp)