Mailand. Der italienische Ministerpräsident Silvio Berlusconi könnte bald vor Gericht stehen. Er soll eine 17-Jährige für Sex bezahlt haben. Berlusconi selbst spricht von einem Komplott der Staatsanwaltschaft.
Dem italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi droht ein Gerichtsverfahren wegen einer mutmaßlichen sexuellen Beziehung zu einer minderjährigen Nachtclub-Tänzerin und wegen Amtsmissbrauchs.
Staatsanwalt Edmondo Bruti Liberati erklärte am Dienstag, er werde am Mittwoch bei Gericht in Mailand die Aufnahme eines Prozesses beantragen. Bis dahin werde die Staatsanwaltschaft entscheiden, ob sich Berlusconi wegen beider Vorwürfe gleichzeitig verantworten müssen soll.
Berlusconi wird vorgeworfen, die damals 17-jährige Nachtclub-Tänzerin „Ruby“ aus Marokko für Sex bezahlt zu haben. Außerdem soll er seinen Einfluss geltend gemacht und bei der Polizei interveniert haben, nachdem „Ruby“ wegen mutmaßlichen Diebstahls festgenommen wurde. Die inzwischen 18-Jährige erklärte, dass es zu keinem Zeitpunkt zum sexuellen Kontakt mit Berlusconi gekommen sei. Jedoch habe der 74-jährige Ministerpräsident ihr angesichts ihrer schwierigen familiären Situation 7.000 Euro gegeben. Berlusconi hat die Vorwürfe zurückgewiesen und von einem Komplott der Staatsanwaltschaft gesprochen, um ihn aus dem Amt zu drängen.
„Eine erhebliche Zahl junger Frauen“ soll sich für Berlusconi prostituiert haben
Aus Ermittlungsdokumenten der Staatsanwaltschaft, die dem italienischen Parlament vorgelegt wurden, geht außerdem hervor, dass „eine erhebliche Zahl junger Frauen“ sich für Berlusconi prostituiert habe. Unter dem Beweismaterial finden sich demnach Telefonmitschnitte, in denen angeblich wilde Sexpartys in Berlusconis Villa am Stadtrand von Mailand beschrieben werden.
In der vergangenen Woche hatte das Parlament den Antrag auf eine Durchsuchung der Anwesen Berlusconis nach Beweismaterial abgelehnt und die Zuständigkeit der Mailänder Staatsanwaltschaft infrage gestellt. Berlusconis Anwälte argumentierten außerdem, dass sich das sogenannte Sondertribunal der Minister mit dem Fall befassen müsste. Dieses sei eigens geschaffen worden, um mutmaßlichen Vergehen öffentlicher Amtsträger nachzugehen. Davon unbeeindruckt hält die Mailänder Staatsanwaltschaft an ihrer Zuständigkeit fest und geht inzwischen davon aus, genügend Beweismaterial gegen Berlusconi gesammelt zu haben.
Der Sexskandal um Berlusconi hat die Kritik der katholischen Kirche und Proteste italienischer Frauenbewegungen hervorgerufen. Für den Sonntag ist eine große Kundgebung gegen den Regierungschef geplant. (dapd)