Wie Hillary Clinton versucht, sich neu zu erfinden
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Washington.. Hillary Clinton hat ein neues Buch geschrieben: „Hard Choices“ heißt es – doch eine Entscheidung bleibt weiterhin offen: Wird sie 2016 Amerikas erste Präsidentin werden? Sie will und will nicht. Was sie jedenfalls nicht will, ist die mühsame Kandidatenkür parteiintern und die mediale Dauer-Beschattung bis dahin.
Beim ersten Anlauf ins Weiße Haus stieg Hillary Clinton zu früh in die Startblöcke um das demokratische Kandidaten-Ticket. Im politischen Schönheitswettbewerb gegen ein unverbrauchtes Gesicht aus Illinois fehlten ihr 2008 Ausdauer, Geschick, Geld und Momentum. Am Ende sah sie zermürbt Barack Obama an sich vorbeiziehen und gewinnen. Das war ihr eine Lehre.
Sechs Jahre später lässt die Frau des früheren Präsidenten Bill Clinton beharrlich in der Schwebe, ob sie – wie seit Monaten vermutet wird – 2016 Amerikas erste Präsidentin werden will. Auch ihr heute erscheinendes neues Buch „Hard Choices“ („Entscheidungen“, Droemer Knaur, 944 S., 28 Euro) schafft keine Klarheit. „Ich habe mich noch nicht entschieden.“
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Prognose nach Lektüre des zwischen Rechenschaftsbericht, Welterklärung und Bewerbungsschreiben pendelnden Werkes: Sie will. Und wie sie will. Was sie nicht will, ist die mühsame Kandidatenkür parteiintern und die mediale Dauer-Beschattung bis dahin. Hillary Clinton stellt sich in ihrem von einer gigantischen Kampagne mit TV-Interviews und Lesereise begleiteten Buch ihren Mitbürgern noch einmal ganz neu vor. Diesmal als erfahrene, hart und methodisch arbeitende Dienerin, bei der nach 112 als Außenministerin besuchten Ländern die Irrungen einer immer komplexeren Welt gut aufgehoben wären. Findet Clinton.
Bloß keinem weh tun
Beim Schreiben bewegt sich die Großmutter in spe, Tochter Chelsea erwartet ein Kind, auf schmalem Grat. Sie will sich für Wähler interessant machen, die bei Barack Obama letzte Entschlusskraft vermissen. Ohne dabei die Fan-Basis des Präsidenten zu vergrätzen. Wenn Clinton von Meinungsverschiedenheiten mit ihrem früheren Chef berichtet, etwa in der Frage der Bewaffnung syrischer Rebellen gegen den Diktator Assad, dann ist der Ton mehr als respektvoll. Außenpolitik im 21. Jahrhundert, so ihr Tenor, ist schwierig. Es gibt keine absoluten Wahrheiten. Man kann es so machen. Oder anders.
„Hard Choices“ ist das saumselige Buch eines Menschen, der alles zu verlieren hat und darum oft plattitüdenhaft bis steril schreibt. Nur keinem weh tun. Was Clinton kocht, hat weder Glut noch Gluten. Dass sie Wladimir Putin „dünnhäutig“ nennt und von einer „Schreierei“ mit einem CIA-Direktor erzählt, ist schon die maximale Gefühlsregung.
Auch Menschelndes findet sich in „Hard Choices“. Einmal musste Hillary Clinton bei dem Besuch eines buddhistischen Tempels die Schuhe auszuziehen. Worauf die mitgereisten Berichterstatter die Farbe ihres Nagellacks als „sexysirenenrot“ beschrieben. Ein anderes Mal flüsterte Präsident Obama ihr bei einem Besuch in Prag ins Ohr: „Du hast da was zwischen den Zähnen.“ Clinton schreibt, nur ein Freund könne so fürsorglich sein.
Ihre Chance ist historisch und einmalig
Was fehlt, ist der Blick nach vorn. Wie würde sich Clintons Politik gegenüber Syrien (ein „böses Problem“), Russland und China unterscheiden von dem, was Obama tut oder unterlässt? Was ist ihr Rezept gegen die Unwuchten des digitalen Zeitalters? Man erfährt es nicht. Clinton spart sich auf. Erst 2015 wird sie springen. Es gibt keine ernsthafte Konkurrenz bei den Demokraten. Die Chance für die erste Frau an der mächtigsten Schaltstelle der Welt ist historisch einmalig. Alles andere also als eine „schwere Entscheidung“.
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