Berlin. Berlin will eine elektronische Fußfessel für Straftäter einführen. So könnten sie rund um die Uhr überwacht werden, dabei aber in ihrer Wohnung leben. Die Fußfesssel soll eine Alternative zur Sicherungsverwahrung werden. Die Hauptstadt will sich an einem Pilotprojekt beteiligen, das mehrere Bundesländer einführen. Auch Nordrhein-Westfalen will eine gemeinsame Überwachuntsstelle der Länder.
Rückfallgefährdete Schwerverbrecher können in Berlin nach Verbüßung ihrer Strafe künftig möglicherweise auch in ihren eigenen vier Wänden leben. Die Hauptstadt plant dazu die Einführung der elektronischen Fußfessel, die beim Verlassen der Wohnung oder eines bestimmten Umfelds Alarm schlägt. Justizsenator Thomas Heilmann (CDU) sieht darin eine sinnvolle Alternative zur Unterbringung der Straftäter in einer sogenannten Sicherungsverwahrung.
Die Hauptstadt trete einem Staatsvertrag der Länder Baden-Württemberg, Bayern, Hessen und Nordrhein-Westfalen über die Einrichtung einer gemeinsamen elektronischen Überwachungsstelle der Länder bei, sagte Heilmann am Dienstag. Der Senat hatte zuvor diesen Beschluss gefasst, dem das Abgeordnetenhaus noch zustimmen muss. Mit einer Entscheidung wird im zweiten Halbjahr gerechnet.
Überwachung rund um die Uhr
Bei der Fußfessel handelt es sich laut Heilmann um eine Art Handy, mit dem 24 Stunden der Aufenthaltsort überwacht werden kann. Grundsätzlich infrage kämen dafür Täter, die ihre Strafe verbüßt haben, aber wegen anhaltender Gefährlichkeit nicht entlassen werden können, sowie Untersuchungshäftlinge. Derzeit wird bundesweit in sieben Fällen davon Gebrauch gemacht.
Ein Gericht könne das Tragen der Fußfessel "in geeigneten Fällen" anordnen, sagte der Senator. Die rechtliche Grundlage bietet das Anfang 2011 in Kraft getretene Gesetz zur Neuordnung des Rechts der Sicherungsverwahrung und zu begleitenden Regelungen. Derzeit sitzen nach Angaben Heilmanns in Berlin 38 Straftäter in Haft, die unter die Sicherungsverwahrung fallen.
Zentrale Überwachung in Hessen
Die gemeinsame Überwachungsstelle hat zu Jahresbeginn in Hessen die Arbeit aufgenommen. Dort laufen alle Alarmsignale ein, wenn ein Täter den vorgegebenen Radius verlässt, um möglicherweise eine weitere Straftat zu begehen. Dann werden die Führungsaufsicht des Betroffenen oder die Polizei in Berlin informiert, um dem Verstoß nachzugehen.
Heilmann äußerte sich zurückhaltend über den Ausgang des Pilotprojekts. Es sei nicht absehbar, ob zum Beispiel ein Sexualstraftäter tatsächlich davon abgehalten werden könne, sich gemäß einer möglichen Auflage in der Nähe einer Kita oder Schule aufzuhalten. Dennoch sei er dafür, die Fußfessel zu testen und Erfahrungen zu sammeln. Ungeachtet dessen solle auf dem Gelände der Justizvollzugsanstalt Tegel ein Neubau entstehen, in dem "Sicherungsverwahrte" zentral untergebracht werden können.
Auch der Senat habe sich trotz Bedenken aus finanziellen Gründen für das Projekt entschieden, sagte Heilmann. Die anteiligen Kosten Berlins lägen bei rund 80.000 Euro pro Jahr. Bundesweit müssten für Aufbau und Betrieb insgesamt rund 1,6 Millionen Euro aufgebracht werden. Hinzu kämen die Ausgaben für die Geräte, die sich jeweils im vierstelligen Bereich bewegten. Er plädiere deshalb für einen bundesweiten Pool, sodass die Fußfesseln bei Bedarf angefordert werden könnten. (dapd)