Essen.. Jörg Kachelmann will schwere Geschütze auffahren. Nach seinem Freispruch sollen alle Leute belangt werden, die ihn der Gewalt bezichtigt haben. In einem Interview räumt er Fehler ein. Trotzdem will er sich als prominenter Fremdgänger nicht erpressen lassen.
Sein Freispruch ist ein paar Tage alt. Jörg Kachelmann genießt die Ruhe in einem Dorf im Ausland, wo er ein Haus gemietet hat. Ein Platz, an dem man ihn offenbar nicht kennt, an dem er vor allem hofft, dass ihn die Boulevardjournalisten nicht mehr aufspüren. Aber Kachelmann wird nicht fliehen.
In einem Interview mit der „Zeit“, die ihn besuchen durfte, kündigt er an gegen die vorgehen, die ihn der Gewalt bezichtigt haben. „Zivil- und strafrechtlich werde ich versuchen, alle Leute zu belangen, die das behauptet haben“, sagt er. „Alles was deutschen, schweizerischen und amerikanischen Anwälten einfällt, möchte ich in die Schlacht werfen.“ Freunde hätten ihm geraten, einen Schnitt zu machen, nicht mehr gegen Staatsanwälte und Zeuginnen zu kämpfen. „Aber ich will was unternehmen.“ Das Landgericht Mannheim hatte ihn vom Vorwurf freigesprochen, seine ehemalige Freundin mit einem Messer bedroht und vergewaltigt zu haben.
Vorwurf der Vergewaltigung sei kriminell
Jörg Kachelmann räumt Fehler ein im Gespräch. „Ich habe Frauen belogen und ihnen Räubergeschichten erzählt. Ich weiß, dass ich mich mies benommen habe. Ich habe Menschen verarscht. Es gibt keine Entschuldigung dafür.“ Aber der ausgedachte Vorwurf der Vergewaltigung, „das ist kriminell, dafür gibt es keine Entschuldigung.“ Er sei indes nicht der einzige Mann in Deutschland, der fremdgegangen sei. „Aber Prominente macht das erpressbar.“
Am schlimmsten sei für ihn gewesen, dass seine beiden Söhne, acht und elf Jahre, in die Geschichte hineingezogen worden seien. „Es wurden Kinderzeichnungen und Fotos an die ,Bunte’ gegeben, es wurde Stimmung gegen mich gemacht, währen ich im Knast saß.“ Er habe im Gefängnis immer wieder darüber nachgedacht, dass ein Gericht ihm seine Söhne, die in Kanada leben, wegnähme, wenn man ihn verurteilen würde. Auch seine mehr als 80-jährige Mutter und seine Frau hätten ihm leidgetan.
„Ich habe keinem Menschen Gewalt angetan“
Warum er im Gerichtssaal keinen Satz gesagt habe? Das habe ihm sein Verteidiger Johann Schwenn geraten. „Was soll ich auch mehr sagen als die kurze Wahrheit ,Ich war es nicht’ und ,Ich habe keinem Menschen Gewalt angetan’?“
Dass sein Privatleben öffentlich derart seziert wurde, sei vor allem am Anfang „ganz furchtbar“ gewesen. Er hätte zuvor nie eine Homestory zugelassen, nicht etwa, weil sein Leben so unaufgeräumt sei. „Sondern weil ich nicht verstehen kann, dass man freiwillig in die Regenbogenpresse geht. Diese Art von freiwilliger Duldungsstarre gegenüber einem Klatschreporter hätte ich nicht ertragen.“
Herumwühlen im Müll
Er leide zwar nicht unter Verfolgungswahn, aber er stehe unter dauerhafter Beobachtung. Er frage sich, „ob hinter dem nächsten Busch wieder ein Leserreporter der Bild-Zeitung steckt“. Er könne ein Hotel nicht betreten, weil ihn sonst an der Rezeption jemand erkennen würde, der diese Information nicht für sich behalte, glaubt Kachelmann. „Ich achte jetzt sogar darauf, was ich in den Müll werfe, weil es ja sein kann, dass mein Müll aufschlussreich ist für Journalisten, die darin herumwühlen.“
97 Prozent seines Bekanntenkreises habe er verloren, finanziell habe ihn „das alles komplett fertiggemacht“. Ob er als Wetterexperte je wieder ins Fernsehen zurückkehre, „das entscheiden der Liebe Gott und die ARD.“ Mit seiner Firma habe er allerdings große Pläne ,im In- und Ausland“. Ein Buch wolle er schreiben, kündigt Jörg Kachelmann – nicht ganz überraschend -- an „Mannheim“ werde es heißen, „Mannheim als Sinnbild des Elends“. Er werde Baden-Württemberg künftig großräumig umfahren, „wo mir diese ganze Lügengeschichte ja angedichtet worden war“, und auch am Frankfurter Flughafen könne er nicht mehr landen, dort verhaftete ihn die Polizei vor über einem Jahr.
Irgendwann freilich wird Jörg Kachelmann wieder in der Öffentlichkeit auftauchen. Heute aber sicher nicht mehr.