Castrop-Rauxel.. Strafgefangene aus der Justizvollzugsanstalt Castrop-Rauxel stellen jetzt auch Produkte her für den NRW-Shop, den Souvenirladen der Landesregierung. Der hat sich angehängt an den Knastladen, über den noch viel mehr Gefängnisprodukte verkauft werden.

Wenn der Tag so richtig zynisch ist zu dir als Häftling, dann lässt er dich eine Haftraumtür bauen. Mit Ausschnitt, um dem Insassen von außen Handschellen anlegen zu können, und auch sonst mit allem denkbaren Sicherheitsschnick und Vorbeugungsschnack.

„Wenn wir die bauen, wissen wir wenigstens, wie wir wieder rauskommen“, witzelt einer der einsitzenden Metallarbeiter; aber da ist Julius Wandelt längst angetreten, handgreiflich das Gegenteil zu beweisen. Schlägt hart gegen das Glas, „sehen Sie? Hält!“ Und eilt weiter. Es ist ein schöner Tag für ihn. Es gibt noch viel zu zeigen.

Julius Wandelt ist der Chef hier, ist der Leiter der Justizvollzugsanstalt (JVA) Castrop-Rauxel und, so wird ihm nachgesagt, „so offen wie sein Vollzug“. Am Mittwoch ist er wieder einen Schritt vorangekommen beim ständigen Bemühen, seinen Strafgefangenen Arbeit zu verschaffen: „Made in JVA.“

HandelProdukte aus und über NRW

Nicht nur, dass hier das logistische Herz des „Knastladens“ schlägt, der übers Internet all jene Dinge vertreibt, die Strafgefangene in NRW hergestellt haben. Die Vertriebsstrukturen des Knastladens nutzt inzwischen der „NRW-Shop“ mit, das ist der Souvenirladen der Landesregierung mit patriotischen Produkten in Grün-Weiß-Rot. Kugelschreibern, Schlüsselbändern, Wimmelbüchern, Seesäcken, Gummibärchen und mehr: Die Andenken kommen über die Anstalt. „Produkte aus und über NRW, die auch einen gewissen Werbeeffekt haben“, sagt der Staatssekretär der Justiz Karl-Heinz Krems. Wieso eigentlich Seesäcke?

Jedenfalls produziert Castrop-Rauxel jetzt auch für den NRW-Shop. Kleine Vokabel-Lernkästen aus Holz. „Wir in NRW“ steht darauf. Ein Anfang ist gemacht. Und Tassen könnten sie hier eigentlich auch bedrucken. Wandelt wird noch mehr einfallen. „,Wir in NRW’ kann man schließlich auf alles draufschreiben“, sagt er.

Steinvögel und Gartenmöbel

Die Haftraumtür ist natürlich nicht für den Knastladen. Sondern für das Amtsgericht Dortmund. Aber ansonsten bauen sie hier auch Christbaumständer und Grillwender, Weihrauchschalen und Windmühlen, Steinvögel und Gartenmöbel für den freien Verkauf. Der Kulturbeutel „Army“ kommt aus dem Knast in Siegburg, die Zehensteg-Sandale „Maren“ entsteht ebenso hinter Remscheider Gittern wie der Edelstahlgrill „Stabilo“, und der Kickertisch wird in Duisburg-Hamborn gefertigt.

Über 900 Produkte, alles in allem. Sogar einen Traktor haben die Häftlinge im Angebot. Für 9999 Euro. Bauzeit: mehr als ein Jahr. Alles entsteht in Gruppenarbeit. Früher gab es ja Zellenarbeit. Aber da kam einfach zu viel weg.

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Um jetzt mal staatstragend zu werden: Mit Knastladen und NRW-Shop, sagt Staatssekretär Krems, biete das Land den Inhaftierten „sinnvolle Beschäftigung, die sie in die Lage versetzen soll, anschließend ein straffreies Leben auf eigenen Füßen zu führen“. Anfangs sei Arbeit für Gefangene „ein rotes Tuch“, sagt Wandelt: „Aber das ändert sich, wenn sie lernen, dass es gut ist für später.“ Außerdem sind sie verpflichtet zu arbeiten, es sei denn, sie wären Rentner.

„In der Hand habe ich generell ein Messer“

Mit der Erwartung an Gefängnis spielt das Verbotsschild, das an der nächsten Tür hängt: „Denken Sie nicht einmal daran, hier zu rauchen.“ Dahinter arbeitet Salim K. an der Schnittstelle zwischen Knastladen und Kundschaft: Er ist einer der beiden Verpacker. „Die Arbeit hab’ ich auch gemacht, wo ich frei war, also ist es genau genommen Fortbildung“, sagt der 32-Jährige.

Ein Jahr Haft hat er hinter sich, ein paar Monate noch vor sich, „Kleinkrimineller, Fahren ohne Führerschein“, und wir wollen ihm die Flunkerei mal durchgehen lassen. Gerade hat K. einen der beliebten Steinvögel eingepackt, arbeitet mit Pappe, Plastikfolie und, schon wieder, mit der Erwartung an Kriminelle. Schließlich muss er die Sachen passend machen. „In der Hand habe ich generell ein Messer“, sagt K.