Mainz. .
Nino Haase schlug den Raab und gewann drei Millionen Euro. Aber der Doktorand bleibt bescheiden. Er wollte kaufen, das Geld verprassen - doch Spaß hat es ihm nicht gemacht. Sein Luxus sind seine Freunde und die Zeit, die er mit ihnen verbringt.
Nino Haase hat versucht zu konsumieren. Ist durch Läden gezogen, durch Elektromärkte und Kaufhäuser. Hat einen Maserati Probe gefahren. Er wollte kaufen, um des Kaufens Willen. Spaß gemacht hat es ihm nicht. Nino Haase kann nichts anfangen mit Luxusgütern. Der 27-Jährige hat drei Millionen Euro gewonnen. Ein Billardstoß bei der Show „Schlag den Raab“ auf ProSieben hat alles entschieden. Nach fünf Stunden Game-Show hat er aus dem Mainzer Chemiedoktoranden einen Millionär gemacht.
Eineinhalb Jahre ist das her. Heute sitzt Haase in seinem neuen Domizil in der Mainzer Innenstadt. Vor wenigen Monaten ist er hierher gezogen. Seine Dreier-WG hatte sich aufgelöst, jetzt mietet er eine 80-Quadratmeter-Wohnung. „Ein bisschen groß für einen Jungen, der allein wohnt“, sagt er.
Von Neidern und Skeptikern
Haase trägt ein T-Shirt, grüne Shorts, blaue Sneakers. Er sieht nicht aus wie ein Millionär. Haase ist Sportler, mit verwuschelten Haaren, offenem Lächeln, aufgewecktem Blick. Von der Decke seiner Wohnung baumeln Kabel, ein paar Lampen muss er noch aufhängen. Mit dem Laminat im Flur ist Haase auch noch nicht ganz fertig. Er macht viel selbst, will niemanden für die Hausarbeit einstellen. Ein weißes Ikea-Regal steht herum, ein altes Ledersofa und Kartons. Nur der Fernseher ist neu und flach, aber er klebt nicht an der Wand, und zu groß ist er auch nicht. Haases Wohnung ist im Dachgeschoss. Der Blick geht auf Mainzer Dächer und die Balkone der Nachbarn.
Lange Zeit hat Haase nichts mit dem Geld angefangen. Es lag einfach auf seinem Konto. Er hatte keine Ahnung von Investitionen, musste sich erst einmal mit einem solchen Vermögen auseinandersetzen. „Als ich mir keine Gedanken mehr um Geld machen musste, habe ich erst angefangen, darüber nachzudenken“, sagt er. Von einem Tag auf den anderen wurde Haase damals berühmt, wurde angesprochen, angeschrieben, angerufen, auf StudiVZ und Facebook um Geld gebeten.
Ein 17-Jähriger wollte 1000 Euro, um seinen Roller zu frisieren. Ein Bekannter wollte Geld für eine Handoperation. Es gab Neider, es gab Skeptiker. Es gab auch Frauen, die ihn haben wollten. „Deine Freundin ist zwar ganz süß, aber ich seh’ auch nicht schlecht aus“, schrieb eine.
Geld müsse wertgeschätzt und Arbeit anerkannt werden
Haase hat sich bewusst gemacht, was in seinem Leben zählt. Sein Luxus sind seine Freunde und die Zeit, die er mit ihnen verbringen kann. Sie trugen viel dazu bei, dass der Doktorand wieder in den Alltag gefunden hat. Sie haben nichts erwartet, nichts verlangt. „Klar, ich könnte jeden Abend allen alles bezahlen“, sagt Haase. „Aber das kann ja niemand wollen.“ Sicher gibt er in der Disco mal eine Flasche Wodka aus, aber alles andere fände er komisch. Geld müsse wertgeschätzt und Arbeit anerkannt werden, sagt er. Deshalb erhält er weiterhin sein Doktorandengehalt vom Max-Planck-Institut, deshalb lässt er sich sein Honorar als DJ auf Partys und Hochzeiten weiterhin auszahlen. Er nimmt genauso viel wie vor dem Gewinn.
Haase konzentriert sich jetzt auf seine Doktorarbeit. Dabei geht es um Halbleiter aus Kohlenwasserstoff, die man vielleicht einmal für flexible Solarzellen oder Displays nutzen kann. Durch die Dissertation hat er ein Ziel vor Augen. Ein Leben ohne Arbeit, fragt er, was wäre das? Jetzt kommen nur noch selten Presseanfragen, Haase wird nicht mehr auf der Straße erkannt, nur noch ab und zu in Mainz. Manchmal spricht ihn dort noch jemand an, will ihn zum Bier einladen – um einmal im Leben einem Millionär etwas spendiert zu haben. (ddp)