Neuss/Krefeld. Sie heißen «Go all night» oder «Weekend Prince»: Derart betitelte Kopien der Potenzhilfe Viagra aus Asien tauchen beim Zoll in Deutschland immer häufiger auf. Doch nicht nur Viagra wird gerne gefälscht. Zollexperten warnen vor den Präparaten und ihren gesundheitlichen Folgen.
Nachdem 2006 bundesweit illegale Medikamente im Gesamtwert von rund 2,5 Millionen Euro sichergestellt wurden, waren es 2007 bereits mehr als 8 Millionen Euro. 2008 war die Tendenz weiter steigend. Zollexperten warnen vor den Präparaten und ihren gesundheitlichen Folgen.
1,2 Millionen chinesische Diät-Pillen
«Das sind die Kartons, die wir zuletzt aus dem Verkehr gezogen haben», sagt Markus Mertens vom Zollamt Neuss und deutet auf einen Berg mit Kisten. Sie beinhalten 1,2 Millionen chinesische Diät-Pillen. «Wir haben die Tabletten untersuchen lassen, sie gefährden die Gesundheit und können sogar lebensbedrohlich sein», fügt Zoll-Sprecher Alwin Bogan vom Hauptzollamt Krefeld hinzu.
Neben «Schlankmachern» stellen die Zollfahnder immer wieder illegale Muskelaufbaupräparate, Anabolika oder andere Mittel aus der Bodybuilderszene sicher, deren Einfuhr gegen das deutsche Arzneimittelrecht verstößt. «Wir beschlagnahmen derartige Waren, ziehen sie aus dem Verkehr und vernichten sie», sagt Bogan. Ähnlich läuft es auch bei den Viagra-Lieferungen aus Asien. Allein beim Zollamt Neuss kommen bis zu zehn Päcken pro Monat an - vielfach deklariert als «Nahrungsergänzungsmittel».
«Viele dieser Viagra-Produkte kommen aus Indien», sagt Bogan. Die Interessenten bestellen die Artikel in indischen Online-Shops, deren Werbemails an E-Mail-Adressen weltweit verschickt werden. Die Bestellung ist denkbar einfach. Der Kunde zahlt mit Kreditkarte und bleibt anonym. In Deutschland sind die Interessenten dagegen gezwungen, sich beim Arzt ein Rezept zu holen und anschließend damit zur Apotheke zu gehen. «Das ist vielen zu peinlich. Deshalb bestellen sie über das Internet», sagt Bogan.
Peinlich wird es für die Kunden aber dennoch, wenn der Zoll die Viagra-Lieferung enttarnt. «Es sind vielfach gepolsterte Briefumschläge mit einem indischen Absender. Die Post teilt den Empfängern anschließend mit, dass ihre Briefsendung beim Zoll liegt», erläutert Mertens. Viele sind dann sichtlich enttäuscht, wenn sie die Sex-Pillen nicht mitnehmen dürfen.
Das von den Kunden an die Lieferanten gezahlte Geld ist in jedem Fall weg. Eine Pille kostet im Internet etwa zehn Euro und ist damit rund 30 bis 40 Prozent billiger als das Original eines US-Herstellers in einer deutschen Apotheke. «Hier kommen Lieferungen an mit Pillen im Wert von 300 Euro. Die Besteller haben Pech gehabt», sagt Zoll-Sprecher Bogan.
Hohe Dunkelziffer
Er weiß natürlich, dass ihm und seinen Mitarbeitern nicht jede illegale Lieferung auffällt. Gerade weil die Dunkelziffer vermutlich hoch ist, sei es umso wichtiger, die Menschen zu warnen: «Bei diesen als Arzneimittel deklarierten Tabletten weiß niemand genau, was wirklich drin ist. Es ist absolute Vorsicht geboten.» Die gewünschte Wirkung werde zwar häufig erzielt, doch könnten die Pillen auch Schwermetalle und andere Gifte enthalten.
Auch auf die im Internet angebotenen Anti-Baby-Pillen dürfe man sich nicht verlassen, betont Bogan: «Das Schlimme hierbei: Ob sie funktionieren oder nicht, merken die Frauen immer erst dann, wenn es zu spät ist.» (ddp)