München. .
Mit einem gesunden Herzen hätte Dominik Brunner vermutlich die tödliche Auseinandersetzung mit zwei Jugendlichen am Münchner S-Bahnhof Solln überlebt, so ein Gutachter vor dem Landgericht München.
Wäre Dominik Brunners Herz nicht krankhaft vergrößert gewesen, hätte der Manager die tödliche Auseinandersetzung mit zwei Jugendlichen am Münchner S-Bahnhof Solln wohl überlebt: Diese Überzeugung vertrat der an der Obduktion beteiligte Sachverständige Wolfgang Keil am Donnerstag vor dem Landgericht München. Die Tritte, die Brunner in der Auseinandersetzung gegen Kopf und Körper erhalten hatte, seien zwar lebensgefährlich gewesen, er hätte sie aber überlebt, da es - wie durch ein Wunder - zu keinen schweren inneren Kopfverletzungen gekommen sei.
Brunners Herz war krankhaft vergrößert
Nach den Untersuchungen gebe es keinen Zweifel, „dass Herr Brunner in Folge eines Herzstillstandes, der sich über ein Herzkammerflimmern entwickelt hat, bei einer lange Zeit bestehenden Herzerkrankung verstorben ist“, sagte Keil. Der Herzstillstand sei aber nur durch den Kampf ausgelöst worden, betonte er. Dabei habe sowohl die körperliche Komponente als auch die psychische Stresssituation eine Rolle gespielt.
Brunners Herz sei krankhaft vergrößert gewesen, sagte der Gutachter. Ein normales Männerherz wiege 300 bis 350 Gramm, das des 50-Jährigen habe 538 Gramm gewogen. Häufig werde eine solche linksventrikuläre Hypertrophie - auch Sportlerherz genannt - durch einen lange Zeit unentdeckten Bluthochdruck ausgelöst. Die Adern die den Herzmuskel versorgten, könnten mit dessen Wachstum nicht mithalten. Dadurch werde das Herz in Belastungs- oder Stresssituationen nicht ausreichend mit Sauerstoff versorgt. Darauf reagiere es mit zusätzlichen Schlägen und könne aus dem Takt kommen, was wiederum Kammerflimmern auslösen könne. So sei es auch bei Brunner geschehen.
Drei Tritte und 19 Schläge
Bei der Obduktion ermittelte Keil an Brunners Leichnam Verletzungen durch 22 stumpfe Gewalteinwirkungen. Dabei könne man bei dreien davon mit höchster Wahrscheinlichkeit sagen, dass es sich um Tritte handelte - einer gegen den Kopf, einer gegen den Arm und einer gegen den Bauch. Bei den restlichen 19 geht der Gutachter von Faustschlägen aus. Es sei aber auch möglich, dass darunter einige Tritte seien, die nicht so gut getroffen hätten. Insgesamt seien die Schläge und Tritte mit hoher Gewalt geführt worden, sagte der Sachverständige. Sie hätten aber keine Knochenbrüche ausgelöst.
Der Sachverständige widersprach mit seinem Gutachten zu den Verletzungen in einem wichtigen Punkt den kurz zuvor abgegebenen Einschätzungen einer Gutachterin, die Spuren an Brunners Kopf mit den Sohlenmustern der Schuhe der beiden Angeklagten verglichen hatte. Sie war zum Ergebnis gekommen, dass die Spuren am Kopf Ähnlichkeit mit den Sohlenmustern beider Angeklagter hätten. Keil sagte, er glaube, dies sei im Falle des kreuzförmigen Musters der Schuhe des zur Tatzeit 17-jährigen Sebastian L. nur Zufall. Dagegen sah auch er ein bogenförmiges Sohlenmuster, wie es die Gutachterin den Schuhen des zur Tatzeit 18-jährigen Markus S. zugeordnet hatte. Sebastian L. hat im Prozess bestritten, Brunner getreten zu haben, als dieser am Boden lag. Markus S. schloss Tritte nicht aus.
Keine verminderte Schuldfähigkeit
Gutachter Keil äußerte sich am Donnerstag auch zur Frage der Schuldfähigkeit der Angeklagten angesichts von Alkohol- und Drogenkonsum. Bei Markus S. sah er trotz eines zurückgerechneten Alkoholpegels von 1,67 bis 2,09 Promille zu Tatzeit keine verminderte Schuldfähigkeit. Zwar könne man von einer alkoholbedingten Enthemmung ausgehen, sagte er. Für eine verminderte Schuldfähigkeit hätten sich aber stärkere Auswirkungen der Alkoholisierung bemerkbar machen müssen. Bei Sebastian L. wurden nur geringe Spuren Alkohol und THC im Blut festgestellt. (apn)