Brüssel.

Der iberische Luchs ist schon fast vom Kontinent verschwunden, nur noch 150 Raubkatzen streifen durch die Wälder Spaniens und Portugals. Auch der europäische Nerz, der arktische Fuchs oder das Auerhuhn sind vom Aussterben bedroht – wie rund weitere 700 Tier- und Pflanzenarten in Europa. In Deutschland kämpfen Feldhamster, Schreiadler und Lachseeschwalben ums Überleben; ein Drittel der hierzulande vorkommenden Wirbeltierarten gelten als gefährdet.

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Die biologische Vielfalt verschwindet in einem Tempo, wie zuvor nicht beobachtet wurde: Allein zwischen 1970 und 2005 ging sie nach Berechnungen der Umweltorganisation WWF um 27 Prozent zurück. Schuld ist der Mensch: Er zerstört Lebensräume, trägt zum Klimawandel bei und begeht Raubbau an Wäldern und Ozeanen.

Nun warnt auch die EU-Kommission vor den Folgen: Diese Entwicklung werde unseren Planeten dramatisch verändern und könnte zu einem Zusammenbruch ganzer Ökosysteme führen, heißt es in einem Bericht zur Artenvielfalt in Europa. Dabei geht die Brüsseler Behörde auch mit den EU-Mitgliedsländern hart ins Gericht: Die europäische Gesetzgebung sei nur mangelhaft umgesetzt, immer noch gebe es zum Beispiel empfindliche Lücken im europäischen Schutzgebietsnetz Natura 2000. Wichtige Instrumente wie die geplante EU-Bodenschutz-Richtlinie sei am Widerstand unter anderem Deutschlands und Großbritanniens gescheitert.

Naturschutzverbände sehen außerdem Versäumnisse bei den Vogelschutzgebieten besonders in Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz. Auch Meeresräume seien nicht ausreichend geschützt. „Es werden zwar Naturschutzgebiete ausgerufen, trotzdem darf dort weiter gefischt werden“, kritisiert Heidrun Heidecke vom Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND). Dabei wollten die Staats- und Regierungschefs das Artensterben längst gestoppt haben – 2010 hatten die Vereinten Nationen zum Jahr der biologischen Vielfalt erklärt.

Die EU müsse sich nun auf ehrgeizige Ziele bis 2020 verständigen, fordert der EU-Abgeordnete Jo Leinen (SPD). „Es darf nicht bei Lippenbekenntnissen bleiben, wenn es um den Schutz der Ökosysteme geht.“ Laut Naturschutzverbänden müssten vor allem ökologische Rückzugsräume in der Landwirtschaft geschaffen werden - Brachen und Hecken für bedrohte Arten wie Feldhase, Kiebitz und Rebhuhn. Heidrun Heidecke fordert deshalb auch ein Umdenken in der Förderungs-Politik: „Landwirte müssen Geld dafür bekommen, dass sie Lebensräume erhalten und nicht nur, wenn sie etwas zerstören.“