Essen. In das Amt des Bundespräsidenten hat es in Deutschland noch keine Frau geschafft. Aber jedes der bisherigen Staatsoberhäupter war liiert. Die Gattinnen engagierten sich häufig sozial und wurden teils sogar prägend für die jeweilige Frauengeneration.
Sechs Frauen haben sich bislang um das Amt des Bundespräsidenten beworben, alle sind sie gescheitert. Aber: Alle neun männlichen Staatsoberhäupter hatten und haben starke Frauen an ihrer Seite. Sie engagierten sich nicht nur für soziale Anliegen, was Tradition wurde, manche halfen mit, das Frauenbild der jeweiligen Epoche zu verändern.
Stilprägend wurde Elly Heuss-Knapp. Die gelernte Lehrerin und Gattin des ersten Bundespräsidenten Theodor Heuss gründete das Müttergenesungswerk („Krönung meines Lebens”). In der Weimarer Republik wäre die Liberale fast in den Reichstag gewählt worden und machte sich für die Berufstätigkeit von Frauen stark. Während der NS-Zeit brachte sie ihre Familie als Werbetexterin durch.
Wilhelminismus
Deutlich wuchs Wilhelmine Lübke über ihren Mann Heinrich hinaus, weshalb Spötter von „Wilhelminismus” redeten. War der rhetorisch unbeholfene Bundespräsident für peinliche Situationen gut, brillierte die Studienrätin mit fünf Fremdsprachen und Parkettsicherheit. Legendär war ihr ehelicher Kommandoton. „Heini, wir gehen zu Bett!” notierte der „Spiegel” bei einem Staatsbesuch. Sie gründete die „Deutsche Altershilfe”.
Hilda Heinemann ist indirekt in die Geschichte eingegangen mit einem legendären Satz ihres Mannes Gustav: „Ich liebe nicht den Staat, ich liebe meine Frau.” Der distanzierende Satz zur Staatsvergötzung geriet so gleichzeitig zur Liebeserklärung, was den Geist der späten 1960er-Jahre genial einfing. Auch Hilda Heinemann war St0udienrätin, sie bekam vier Kinder - und ist Großmutter einer weiteren „First Lady”: Christina Rau. Ihr Engagement galt der Integration Behinderter.
Der Name Mildred Scheel ist untrennbar mit der von ihr 1974 gegründeten „Deutschen Krebshilfe” verbunden, die sie zur vielleicht erfolgreichsten neugegründeten Wohltätigkeitsorganisation entwickelte. Die Frau von Walter Scheel war selbst Ärztin und revolutionierte den Umgang mit Krebs, indem sie offen über die Krankheit sprach, der sie 1985 selbst zum Opfer fiel.
Veronica Carstens wurde mit 56 Jahren First Lady. Im Gegensatz zu ihren Kolleginnen allerdings nur im Nebenberuf. Zwar wanderte die kinderlose Dame tapfer an ihres Gatten Seite durch die Lande, engagierte sich bei Müttergenesungswerk und Unicef, praktizierte jedoch weiter als Ärztin. 1982 gründete sie eine Stiftung zur Förderung der Naturheilkunde und machte Alternativmedizin populär.
Aristokratisch-dezent
Ihr Mann war der intellektuellste unter den Bundespräsidenten: Marianne von Weizsäcker, Großnichte der Frauenrechtlerin Lily Braun, hielt sich aber aristokratisch-dezent im Hintergrund. Sie setzte sich vor allem für ehemalige Drogenabhängige ein. 1989 rief sie die „Stiftung Integrationshilfe” ins Leben, in der sie bis heute aktiv ist.
Die Pfarrerstochter Christiane Herzog erklärte den Deutschen, was Mukoviszidose ist und gründete eine Stiftung zum Kampf gegen die Stoffwechselerkrankung. Ihren Lehrer-Beruf übte sie nie aus, bezeichnete sich selbst als „vollbeschäftigte Frau auf ehrenamtlicher Basis”. Das Volk liebte sie als Fernseh-Köchin.
Christina Rau fiel als junge (43 Jahre zur Zeit der Wahl) First Lady aus dem Rahmen. Doch die Politologin und dreifache Mutter erfüllte ihr „Amt” mit natürlicher Würde, verstand sich bei allem Engagement (vor allem für Kinder in Not) als diejenige, die „ihrem” Bundespräsidenten den Rücken frei zu halten hat.