Essen. Seit rund 20 Jahren versuchen Mediatoren, Rosenkriege zu verhindern, wenn Menschen vor den Scherben ihrer Liebe stehen. Doch nur wenige Ehemüde nutzen das Angebot. Denn beim Mediator kommt nicht nur Finanzielles zur Sprache, auch Fehler in der Ehe sind Thema. Da ist vielen der Stolz im Weg.

Scheiden muss offenbar weh tun: Italiens Ministerpräsident Silvio Berlusconi (72) und seine Noch-Ehefrau Veronica Lario (52) machen es derzeit mit einem peinlichen Rosenkrieg vor. Paul McCartney und Heather Mills haben ihre öffentliche Schlammschlacht bereits geschlagen. Umgerechnet rund 32 Millionen Euro soll der Ex-Beatle seiner Ex-Frau als Abfindung mit auf den weiteren Lebensweg gegeben haben. Um derartige Summen geht es bei Scheidungsfällen in deutschen Landen in der Regel nicht. Doch eines haben viele Trennungspaare mit den prominenten Streithähnen gemeinsam: Ein Ehe-Aus in Ruhe und Würde ist nur wenigen gegeben. Wenn der Traum vom lebenslangen Liebesglück zerplatzt, ziehen viele in den Scheidungskrieg. Traurig eigentlich, denn seit rund 20 Jahren bemühen sich Mediatoren landauf und landab darum, Rosenkriege erst gar nicht aufkommen zu lassen.

Weil diese nicht nur unendlich viele Nerven, sondern in der Regel auch – im Wettstreit ehrgeiziger Anwälte – eine ordentliche Stange Geld kosten.

Sozialpsychologen, Anwälte, Richter und Therapeuten, die auf die Kraft der menschlichen Vernunft setzen, bieten Scheidungswilligen daher als Mediatoren ihre Dienste an. Als neutrale Instanzen, die die Noch-Eheleute an einen Tisch bitten und beiden zuhören, ohne Partei zu ergreifen. Das oberste Mediatoren-Ziel lautet: Das Paar soll für sich selbst eine Trennungs-Regelung erarbeiten, bevor die Sache ans Gericht geht. Sind die Scheidungswilligen erfolgreich, kommt es zu einer Schlussvereinbarung, die man, ist der Mediator kein Anwalt, noch einmal von einem Juristen prüfen lassen sollte, wie Sabine Zurmühl, Geschäftsführerin der Bundes-Arbeitsgemeinschaft für Familien-Mediation (BAFM) in Berlin rät.

Eine Bilanz der Ehe ziehen

Manchmal gibt es für Ehepaare keinen anderen Ausweg als eine Scheidung. Foto: imago
Manchmal gibt es für Ehepaare keinen anderen Ausweg als eine Scheidung. Foto: imago © imago

Auf lediglich 10 bis 15 Prozent schätzt Zurmühl die Quote der Ehemüden, die so zu einer vorgerichtlichen Einigung kommen wollen. „Rund 80 Prozent derer, die sich für diesen Weg entscheiden, schaffen es auch.” Angesichts von rasanten Scheidungsraten in Deutschland eine verschwindend kleine Zahl. Ein Grund hierfür, so vermutet die Expertin, könnte sein, „dass bei einer Mediation nicht nur rein finanzielle Dinge zur Sprache kommen. Auch alte Verletzungen kommen auf den Tisch, seit Jahren festgefahrene Familienstrukturen. So etwas hat einen Bilanzcharakter. Da ist vielen der Stolz im Weg.” Allerdings wachse die Bereitschaft aufeinander zuzugehen, wenn Kinder da seien, beobachtet Mediatorin Zurmühl. „Denn den Eltern ist klar, dass sie noch etliche Jahre miteinander zu tun haben werden.”

Häufig jedoch überwiegt das Bedürfnis, den einst geliebten Partner zu bestrafen, sich gegenseitig klein zu machen, wobei sich hinter den ausgetauschten Aggressionen oft eine hohe Traurigkeit verbirgt und eigentlich auch das Bedürfnis, wieder zu einer gemeinsamen Ebene zu kommen, auf der man miteinander reden kann, wie Psychologen betonen.

Dass dies oft leider nur ein geheimer Wunsch bleibt, aber nicht gelebt wird, weiß auch der Essener Familienanwalt Jörg Daube aus langjähriger Erfahrung. Der 52-Jährige versucht, Scheidungswilligen seit 17 Jahren als Mediator, „der Paare weder zusammen- noch auseinanderbringen will”, beizustehen. Daubes Erkenntnis: „Scheiden muss offenbar wehtun. In solchen Situationen brechen Lebenspläne zusammen. Da geht es um existenzielle Fragen. Die Leute wollen nicht untergebuttert werden und nehmen sich daher einen Anwalt, von dem sie sich Schutz und Beratung erhoffen.” Die meisten wollten dem anderen nicht mehr zuhören, nur noch über ihre eigenen Interessen nachdenken. „Manchmal kann die große Liebe im großen Hass enden.”

Internet-Umgangskalender

Damit die Kinder nicht zu Leidtragenden dieser Sprachlosigkeit werden, hat Jörg Daube einen Internet-Umgangskalender (www.umgangskalender.de) für Scheidungs-Eltern entwickelt, über den Vater und Mutter online wichtige Informationen zu ihrem Nachwuchs austauschen können. „Da kann man die Schuhgröße des Sohnes einstellen oder die Telefonnumer des Klassenlehrers, aber auch die Termine für Schulferien”, erläutert der Essener Jurist.

Jörg Daube gibt die Hoffnung auf gütliche Trennungen jedoch nicht auf: „Ab September schreibt das neue Scheidungsverfahrensrecht den Richtern vor, die Paare auf Angebote wie die Mediation hinzuweisen.”

Hier findet man Ansprechpartner: Bundesweit gibt es über 8000 Familien-Mediatoren. Diese werden für ihre Arbeit nach Stunden bezahlt, wobei das Honorar zwischen 80 und 250 Euro schwanken kann. Weitere Informationen zum Thema Mediation im Internet unter: http://www.bafm-mediation.de/. Hier findet man auch Adressen von Mediatoren für seine Region. Telefonisch erreicht man die Bundesarbeitsgemeinschaft für Familien-Mediation (BAFM) in Berlin unter: 030/236 28 266.