Straßburg. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat entschieden, dass Kruzifixe in öffentlichen Schulen Italiens gegen die Bildungs- und Religionsfreiheit verstoßen. Das Gericht gab damit der Beschwerde einer Mutter statt. Die Regierung muss nun 5.000 Euro Entschädigung zahlen.
Kruzifixe in öffentlichen Schulen Italiens verstoßen laut dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) gegen das Gebot der Religions- und Bildungsfreiheit in Europa. Mit dieser Entscheidung gab ein Gremium aus sieben Richtern am Dienstag der Beschwerde einer Mutter zweier Kinder statt, die zuvor vor dem italienischen Verfassungsgericht gescheitert war. Die Regierung in Rom wurde zur Zahlung einer Entschädigung von 5.000 Euro verurteilt. Das Gericht forderte allerdings nicht die Entfernung sämtlicher Kruzifixe.
Kreuz könnte als störend empfunden werden
Die Mutter Soile Lautsi hatte geltend gemacht, die Kreuze widersprächen dem Prinzip einer säkularen Erziehung, auf die ihre Kinder einen gesetzlich garantierten Anspruch hätten. Vertreter der italienischen Regierung hielten dem entgegen, das Kruzifix diene nicht einer Bekehrung der Schüler, sondern sei ein kulturelles Symbol, das auch für Pluralismus stehe. Dem schloss sich der Gerichtshof des Europarats in Straßburg nicht an.
Das Kruzifix repräsentiere eine ganz bestimmte Religion und könne von Schülern anderer Konfessionen oder von Atheisten als störend empfunden werden, hieß es in der Begründung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte. Staatliche Schulen, deren Besuch verpflichtend sei, müssten in religiösen Angelegenheiten das Prinzip der Neutralität wahren. Alles andere sei unvereinbar mit der Europäischen Menschenrechtskonvention.
Die italienische Regierung kündigte an, in die Berufung zu gehen. Diese ist zugelassen vor der Großen Kammer des EGMR, der 17 Richter angehören. (ap)