Düsseldorf. In NRW besitzen so viele Menschen einen Kleinen Waffenschein wie noch nie. Für GdP-Landeschef Mertens ist das „besorgniserregend“.

Immer mehr Menschen in Nordrhein-Westfalen besitzen einen Kleinen Waffenschein. Nach Angaben des Innenministeriums liegt die Zahl der erteilten Genehmigungen zum Stichtag 31. August 2022 bei knapp 190.000, während es im vergangenen Jahr noch 181.000 Scheine waren.

Damit wird in NRW der höchste Stand an ausgestellten Kleinen Waffenscheinen seit zehn Jahren erreicht. Zum Vergleich: 2015 lag die Zahl der Kleinen Waffenscheine noch deutlich niedriger bei knapp 71 000.

„Das ist besorgniserregend“, sagt Michael Mertens, Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP) in NRW. Die steigenden Zahlen seien ein Ausdruck davon, „dass die Menschen glauben, das Thema Sicherheit selbst in die Hand nehmen zu müssen.“ Das Vertrauen, dass die Polizei helfe, sei in diesen Fällen nicht da. Dabei sei ein „Kleiner Waffenschein eine trügerische Sicherheit“, so Michael Mertens. Vielmehr könne der Einsatz von Schreckschuss- oder Gaswaffen, die man mit einem Kleinen Waffenschein tragen darf, dazu führen, dass Situationen eskalieren.

Auch interessant

Trotz mehr Waffenscheinen wird seltener mit Schreckschusswaffen geschossen

Laut Kriminalstatistik stieg die Zahl der Fälle, in denen mit einer Gas-, Reizstoff- oder Schreckschusswaffe gedroht oder geschossen wurde, in den vergangenen Jahren allerdings nicht an, sondern sank sogar. So gab es 2019 noch 637 registrierte Fälle, 2020 waren es 401 Fälle und 2021 noch 270 Fälle.

Voraussetzung für den Kleinen Waffenschein ist ein Mindestalter von 18 Jahren. Wer den Schein haben will, darf keine Vorstrafen haben. Ausgenommen sind Freiheitsstrafen, Jugendstrafen oder Geldstrafen von weniger als 60 Tagessätzen. Die zuständige Behörde überprüft die „persönliche Eignung zum Führen einer Waffe.“ Die Anträge können mittlerweile online und per Mail gestellt werden. Dies könnte mit ein Grund für die vermehrten Anträge sein. Die GdP sieht dies kritisch und fordert „die persönliche Beantragung“, erklärt Michael Mertens. Solche Verfahren ohne persönliche Kontakte durchzuführen, ohne dass sich die Behörden einen Eindruck von der Gewissenhaftigkeit des Antragstellers machen kann, „ist befremdlich.“

GdP: „Der Bevölkerung muss die Sorge genommen werden, dass die Polizei nicht hilft“

Zudem müsste das Thema Waffenschein mehr in den Fokus von Präventionsmaßnahmen gerückt werden. Der Bevölkerung müsse die Sorge genommen werden, dass die Polizei nicht hilft. Und sie müsse darüber aufgeklärt werden, dass Schreckschusswaffen nicht unbedingt weiterhelfen, sondern gefährlich werden können – auch weil sie echten Waffen täuschend ähnlich aussehen.

Der Trend zur mehr Kleinen Waffenschein lässt sich aus einer Antwort des Innenministeriums im Landtag auf eine Kleine Anfrage der AfD ablesen. Auch wenn immer mehr Menschen Kleine Waffenscheine besitzen, ziehen die Behörden gleichzeitig auch viele Waffenscheine wieder ein. In diesem Jahr wurden bislang 884 Anträge abgelehnt (2021: 608). In 3031 Fällen wurde in diesem Jahr die Erlaubnis zum Führen einer Schreckschusswaffe widerrufen. (dpa)

Hinweis: In einer früheren Version hieß es, dass im August ein neuer Rekord an neu ausgestellten Waffenscheinen in NRW erreicht wurde. Die Deutsche Presseagentur korrigierte diese erste Meldung später mit dem Vermerk, es seien Zahlen falsch interpretiert worden: Es handele sich nicht um die Zahlen der gestellten Anträge auf einen Kleinen Waffenschein pro Jahr, sondern um die Gesamtzahl der zum Stichtag erteilten Kleinen Waffenscheine.

Lesen Sie auch: