Düsseldorf. Am Wochenende müssen Reisende am Flughafen Düsseldorf phasenweise große Geduld mitbringen. Der Personalmangel ist nach wie vor nicht gelöst.
Zum Ferienstart mussten Flugreisende auch am Samstag am Flughafen Düsseldorf große Geduld aufbringen. Bis zu eineinhalb Stunden habe die Wartezeit zur Stoßzeit zwischen 4 und 8 Uhr betragen, bis Urlauberinnen und Urlauber bei der Sicherheitskontrolle an der Reihe waren, berichtete Özay Tarim, zuständiger Gewerkschaftssekretär bei Verdi, am Samstagabend auf Nachfrage. Bereits am Freitag hatten sich an allen drei Flugsteigen lange Schlangen „wie im Phantasialand“ gebildet, sagte Tarim.
Waren am Samstag laut Flughafen etwa 68.000 Reisende von Düsseldorf aus gestartet, werde diese Zahl am Sonntag nicht ganz erreicht, sagte Tarim. Dass es aber auch am Sonntag in den Terminals voll werden wird, habe sich am Samstagabend angedeutet, erklärte er: „Es hatten sich lange Schlangen vor den Late-Night-Check-Ins von Condor und Eurowings gebildet“. Viele andere Fluglinien böten diesen Service, sein Gepäck bereits am Vorabend flugfertig aufzugeben, jedoch gar nicht an.
Am Sonntag kam es so zwischenzeitlich erneut zu längeren Wartezeiten. Nachdem sich nachts um 4 Uhr vor einem Check-in kurzzeitig eine Warteschlange von mehreren Hundert Metern gebildet hatte, verlief der Vormittag nach Angaben eines Flughafensprechers ruhig. Am Sicherheitscheck müssten Fluggäste mit einer Wartezeit von circa 20 Minuten rechnen, sagte er. Am Mittag bildeten sich am Check-in-Bereich dann erneut längere Schlangen.
Warteschlangen am Flughafen sind für Gewerkschaft „nicht hinnehmbar“
„Sehr geduldig“ hätten sich die Reisenden am Samstag verhalten, hatte Tarim den Tag über am Flughafen beobachtet. „Sie haben sich damit abgefunden, sich die Beine in den Bau stehen zu müssen“, meint er.
Aus Sicht der Gewerkschaft, sei der Zustand jedoch „nicht hinnehmbar“, kritisiert der Verdi-Mann: „Die Beschäftigten an der Sicherheitskontrolle schuften bei so einem Andrang acht Stunden im Akkord, und das in einem Bereich, wo größte Aufmerksamkeit von ihnen verlangt wird.“
Flughafen Düsseldorf: Kein Chaos, aber Verwunderung über Check-In-Zeiten
Von „Chaos“, wie im Sommer, sei am Samstag nicht zu reden gewesen, meinte Tarim. Mitunter hätten Reisende abseits der Stoßzeiten bei der Sicherheitskontrolle gar ohne großes Warten durchgehen können. Gleichwohl beobachtet der Gewerkschafter auch, dass Fluglinien ihre Checkins mitunter erst zwei oder zweieinhalb Stunden vor Abflug öffneten, den Reisenden jedoch von den Flughäfen geraten werde, bereits drei Stunden vor Abflug im Flughafen zu sein. Tarim: „Die Leuten wundern sich dann, dass ihr Check-In-Schalter dann noch zu ist.“
Flughafen Düsseldorf rechnet mit 1,1 Millionen Fluggästen in diesen Herbstferien
Schon seit Monaten sind an den beiden größten Flughäfen Nordrhein-Westfalens in den Stoßzeiten frühmorgens und nachmittags Wartezeiten sehr lang, weil es beim Check-in und an Sicherheitsschleusen an Personal fehlt. Nun zum Start der Herbstferien werde dieses ohnehin schon gravierende Problem noch deutlicher werden, so Tarim.
Von Freitag (30.9.) bis Montag (3.10.) erwartete der größte NRW-Flughafen insgesamt 268.000 Passagiere (Abflug und Ankunft zusammengerechnet). Für die beiden Herbstferien-Wochen rechnet Düsseldorf mit insgesamt 1,1 Millionen Fluggästen, was einem Durchschnitt von 64.000 pro Ferientag entspricht.
Schlangen von mehreren Hundert Metern in Fünferreihen: „Das ist ein Desaster“
Die Gewerkschaft Verdi, die den Ferienstart in Düsseldorf beobachtete, kritisierte, dass weiter viel zu wenig Sicherheitspersonal zur Verfügung stehe. Vor dem Flugsteig C habe es Schlangen von mehreren Hundert Metern in Fünferreihen gegeben. „Man musste nach dem Sommer nachlegen, und es ist nichts passiert. Das ist ein Desaster“, sagte Sprecher Özay Tarim. Es sei wieder auf Hilfskräfte oder sogar die Bundespolizei am Security-Check zurückgegriffen worden.
Schuld sei laut Tarim das gewinnorientierte System im Sicherheitsdienstleistungs-Bereich. Es würden nur Teilzeit-Stellen über zwölf Monate angeboten, dem saisonalen Bedarf entsprechend. Das sei „nicht attraktiv“ für Arbeitnehmer, weil eine Perspektive fehle. Der Staat müsse die Kontrolle haben, so wie in Bayern, wo nicht profitorientierte Sicherheitsdienstleister engagiert seien. Der Verdi-Vertreter warnt mit Blick auf die nächste große Reisewelle an Ostern 2023: „Ich habe die große Sorge, dass die Probleme bleiben. Das ist ein Imageschaden, das darf nicht passieren.“
Flughafen Köln/Bonn: „normaler Betrieb“ zum Ferienstart
In Köln/Bonn sei es nach Angaben des Flughafens ein „normaler Betrieb“ gewesen. Nachdem Reisende am Samstagmorgen bis zu 25 Minuten an der Sicherheitskontrolle warten mussten, betrug die Wartezeit ab dem Vormittag (11 Uhr) nur noch fünf Minuten, später gab es gar keine Wartezeiten mehr. Auch am Sonntag lägen die Wartezeiten zwischen fünf und zehn Minuten, teilte der Flughafen auf Twitter mit. Die Wartezeit sei jedoch abhängig von der Anzahl der geöffneten Kontrollspuren und könne sich jederzeit ändern.
Die Flughäfen Düsseldorf und Köln/Bonn empfehlen Reisenden, bis zu drei Stunden vor Abflug am Flughafen zu sein. Früher begännen die Fluggesellschaften in der Regel aber nicht mit dem Check-in.
Herbstferien: Lange Warteschlangen am Flughafen Düsseldorf
Ralph Senula war am frühen Freitagmorgen Leidtragender der Zustände am Flughafen Düsseldorf. Seinen Tag verbrachte er im Café des Flughafens und nicht wie geplant im Flieger nach Thailand. Dort wartet seine Freundin Kampoo bereits sehnsüchtig auf das erste Treffen des Paares, das sich vor einem Jahr im Internet kennengelernt hat und seitdem täglich über Video telefoniert. Auf diesem Weg teilte der Mann aus Soest seiner Geliebten unter Tränen mit, dass er acht Stunden später als vorgesehen bei ihr sein wird. Und das, obwohl er sich zweieinhalb Stunden vor Abflug in die Schlange beim Check-in gestellt hatte.
Seinen um 6.50 Uhr gestarteten Flug über Zürich nach Bangkok hat er dennoch verpasst: „Zehn Minuten haben mir gefehlt.“ Die Airline bot ihm ohne Aufpreis einen Flug am Abend an, diesmal über München. Die verlorenen Stunden mit seiner Freundin fängt das nicht auf. Genauso wie den Anschlussflug auf die Insel Phuket, den er nicht mehr erreichen kann. „Der Preis für den nächsten Flug liegt bei 150 Euro. Auch die Unterkunft zahle ich einen Tag lang für umme. Das sind Kosten, die mir keiner ersetzt“, ärgert sich Senula.
Hörte man sich am Freitagmittag gegen 12 Uhr bei den Fluggästen um, wirkte die Lage im Vergleich zum Morgen bereits deutlich lockerer. „Es ist bislang alles entspannt verlaufen. Nur unser Sekt ist aus“, sagt eine mehrköpfige Damendelegation eines Neusser Schützenvereins auf dem Weg nach Malta. An die vom Flughafen vorgeschlagenen drei Stunden, die Reisende vor Abflug am Check-in-Schalter sein sollen, hatten sie sich gehalten. Auch Fred Brune hatte sich frühzeitig auf den Weg gemacht, um mitsamt Dackeldame Brezel und Gitarrenkoffer seinen Flieger nach Nizza zu erwischen. „Jetzt habe ich immerhin genug Zeit, um in Ruhe einen Kaffee zu trinken“, sagte der junge Mann aus NRW.
Der Eindruck, dass der Start in die Herbstferien am Düsseldorfer Airport entspannt ablaufen würde, täuscht laut Özay Tarim allerdings. „20 bis 40 Minuten Wartezeit an Terminal B“, sagte der Gewerkschaftssekretär am Freitagmittag und zeigte kopfschüttelnd auf eine Anzeigetafel, die Fluggäste über die aktuelle Dauer an der Sicherheitskontrolle informieren soll. Zur sonst ruhigen Mittagszeit solle eine Sicherheitskontrolle nicht länger als fünf Minuten dauern. „Die Probleme aus den Sommerferien wurden nicht verstanden. Im Herbst haben wir noch immer massiven Personalmangel.“ Er kritisiert, dass Sicherheitsfirmen ausschließlich Arbeitskräfte in Teilzeit anwerben würden, was für diese nicht attraktiv sei.
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Dass nach Verdi-Angaben Verwaltungsmitarbeiter von Flughafen und DSW sowie Auszubildende ohne operative Erfahrung aushelfen müssen, kann nicht verhindern, dass die Warteschlangen gegen Nachmittag immer länger werden.
Besonders am Gate C, von dem viele Maschinen in Richtung der Türkei starten, staut es sich am Freitag gegen 15 Uhr. Ganz vorn in der Schlange steht eine junge Familie aus Köln, die sich direkt nach Schulschluss von Tochter und Sohn auf den Weg nach Istanbul machen möchte. 45 Minuten hat sie gebraucht, um an der Sicherheitskontrolle anzukommen. „So lange anzustehen, ist super nervig. Wir verstehen nicht, warum es diese Probleme immer noch gibt.“ In einer Stunde beginnt das Boarding, leichte Sorge, den Flug zu verpassen, sei zwischenzeitlich schon mitgeschwungen. Ein Erlebnis wie das von Ralph Senula wollen sie um jeden Preis vermeiden. Der ist nach all den Strapazen des Tages einfach nur froh noch irgendwie nach Thailand reisen zu können. Und er hat etwas dazugelernt: „Zum Ferienstart, fliege ich nie wieder.“
Chaos am Flughafen Düsseldorf: Ministerium sucht Schuld bei Passagieren
Schuld am Chaos sei nicht nur der Personalmangel bei Sicherheitsfirmen, sondern aber auch die Passagiere selbst, wirft das Bundesinnenministerium am Freitag ein und stärkt damit der Bundespolizei und den privaten Dienstleistern den Rücken. So sei eine mangelhafte Organisation nicht der einzige Grund für lange Wartezeiten. Auch die vermehrte Mitnahme von Handgepäck von Passagieren sei Schuld am Chaos in den Flughafenhallen, so das Ministerium laut Rheinische Post. Auch sei die Lage gar nicht so schlimm, wie oft berichtet. Lediglich punktuell komme es zu längeren Wartezeiten.