Berlin. Der Rechtsextremismus unter Jugendlichen in Deutschland hat erschreckende Ausmaße angenommen. 14,4 Prozent der Befragten offenbarten laut einer Studie ein hohes Maß ausländerfeindlicher Einstellungen. Die Gewalt unter Jugendlichen insgesamt ist in den vergangenen zehn Jahren leicht gesunken.

Die Gewalt von Jugendlichen in Deutschland ist entgegen allgemein öffentlicher Wahrnehmungen in den vergangenen zehn Jahren leicht gesunken. Sorge bereitet hingegen die Tatsache, dass bei den Jungen rechte Gesinnungen deutlich ausgeprägt sind. Das geht aus einer Studie des Bundesinnenministeriums hervor, die am Dienstag in Berlin vorgestellt wurde. 4,9 Prozent der Jungen und 2,6 Prozent der Mädchen gaben an, Mitglied einer rechtsextremen Gruppe oder Kameradschaft zu sein.

14,4 Prozent "sehr ausländerfeindlich"

Weiter ergab die am Dienstag veröffentlichte Befragung des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen, dass 14,4 Prozent der Jugendlichen als «sehr ausländerfeindlich» einzustufen sind - darunter 19 Prozent der Jungen und 9,6 Prozent der Mädchen. Befragt wurden 2007 und 2008 insgesamt 44.610 Schüler aus 61 repräsentativ ausgewählten Landkreisen. Sie waren im Schnitt 15 Jahre alt.

Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble sagte, die Zahlen seien erschreckend. Als Gegenmaßnahme gelte es, den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu stärken, sagte der CDU-Politiker. Es sei nicht akzeptabel, dass in manchen Gegenden Deutschlands die Rechtsextremisten die besten Freizeitangebote machten.

"Erschreckende Erkenntnisse"

Christian Pfeiffer, Direktor des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen, sprach bei der Vorstellung der Erhebung zum Thema Gewalt am Dienstag in Berlin von «erschreckenden Erkenntnissen». So liege die Quote der Jugendlichen, die der Aussage «In Deutschland gibt es zu viele Ausländer» uneingeschränkt zu stimmten, bei fast 29,7 Prozent. Auf antisemitische Einstellungen ließen die Antworten von 6,4 Prozent der Jungen und 2,1 Prozent der Mädchen schließen, erläuterte der Kriminologe. Es müsse die Gesellschaft aufrütteln, dass ein hoher Anteil der Jungen in das Fahrwasser geraten sei, erklärte Pfeiffer.

In den bundesweit 61 Befragungsgebieten gibt es der Studie zufolge jedoch starke regionale Unterschiede. Im Westen liege der Anteil rechtsextremer Anschauungen bei den männlichen Jugendlichen in den untersuchten Regionen zwischen 2,3 und 15,2 Prozent. In Ostdeutschland bewegten sich diese Quoten zwischen 0 und 17,4 Prozent. Dabei gebe es in Großstädten weniger Ausländerfeindlichkeit als auf dem flachen Land. Am häufigsten seien rechtsextreme Auffassungen an Hauptschulen anzutreffen.

Weniger Jugendgewalt

Laut Studie liegt der Anteil der Jugendlichen, die Opfer von Gewalt geworden sind, bei 4,8 Prozent. Schwere Körperverletzungen erlitten 3,2 Prozent, wobei der Anteil von Übergriffen in den Familien überwiegt. Die Täterzahlen bei Jugendlichen, die schwere Körperverletzungen verübt haben, liegt bei 2,9 Prozent. «Gewalt wird in Familien produziert», sagte Pfeiffer.

Im Vergleich zur ersten Befragung 1998/99 lag die Quote der Jugendlichen, die nach eigenen Angaben innerhalb eines Jahres mindestens eine Gewalttat begangen haben, in den Regionen diesmal bei 11,5 und 18,1 Prozent. Vor einem Jahrzehnt hatte sie zwischen 17,3 und 24,9 Prozent betragen. Auch bei den Mehrfachtätern sei die Tendenz rückläufig. ddp/ap)

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