Berlin. Moritz Bleibtreu über seine Rolle als Hacker in der neuen TV-Serie „Blackout“ – und warum er heute weniger Kinofilme dreht als früher.
Mitte November, es ist kalt, dunkel und in ganz Europa fällt der Strom aus. Züge halten im Nirgendwo, Kinder verschwinden, Läden werden geplündert, es gibt kein sauberes Wasser mehr, kein Internet, Chaos bricht aus. Doch wer ist schuld an dem "Blackout"?
Die gleichnamige Serie nach dem Bestseller von Marc Elsberg erscheint am 14. Oktober exklusiv auf dem Sender Joyn Plus. Es spielen an der Seite von Moritz Bleibtreu die Stars Heiner Lauterbach, Marie Leuenberger, Jessica Schwarz und Herbert Knaup.
Bleibtreu spielt einen ehemaligen Hacker und Umweltaktivisten, der in den Fokus der Ermittler gerät. Dabei will er doch eigentlich nur helfen, oder? Lesen Sie hier: Was wir tun sollten, wenn der Strom ausfällt
Herr Bleibtreu, was hat Sie an „Blackout“ gereizt?
Moritz Bleibtreu: Allein der Titel des Buches ist doch schon interessant! Die Frage, was passiert, wenn unser ganzes fragiles Netz zusammenbricht, hat mich schon länger beschäftigt. Dieses Szenario legt sehr eindrücklich dar, dass unser ganzes Sicherheitssystem scheinbar sehr anfällig ist. Das hat sich jetzt auch bei der Flutkatastrophe im Sommer gezeigt. Die Warnung war da, aber gehandelt wurde nicht danach. Die Geschichte von „Blackout“ ist in dem Sinne auch keine Utopie, eher ein Warnschuss.
Sie wollten eigentlich nur noch Kino machen, warum jetzt diese TV-Produktion?
Das Kino hat seine Bedeutung ein wenig eingebüßt und die Geschichten wandern ab. Und ich bin Geschichtenerzähler, ich gehe dahin, wo die guten Geschichten sind. Persönlich begann diese Entwicklung bei mir schon bei der ersten „Schuld“-Verfilmung von Ferdinand von Schirachs Erzählungen im Jahr 2015. Das war damals die erste Serie, die vorab in der ZDF-Mediathek veröffentlicht worden ist, und es gab eine riesige Diskussion darum. Heute ist das üblich. Trotzdem liebe ich das Kino und werde auch immer Kinofilme machen, wenn es irgendwie geht. Mehr zum Thema: Ferdinand von Schirachs „Schuld“ wird im ZDF zur Parodie
Wie wichtig ist Ihnen, dass Ihre Projekte und Rollen gesellschaftlich relevant sind?
Es geht mir nicht um Relevanz, Filme sollen spannend oder lustig sein oder nachdenklich machen. Ich suche meine Rollen eher nach meinem Gefühl aus. Ganz egal, auf welchem Endmedium die Filme ausgestrahlt werden. Wir erleben gerade einen großen Umbruch in der Branche, Fernsehen ist nicht mehr gleich Fernsehen. Das spürt man auch an der Internationalität von Serien wie „Blackout“, die nicht mehr nur für den deutschen Markt gemacht sind, sondern für die ganze Welt.
Ihre Figur Pierre Manzano war als junger Mann ein Revolutionär und entwickelte sogar die Idee, den Staatschefs mit einem europaweiten Stromausfall eins auszuwischen. Können Sie den Mann aus Ihrer heutigen Perspektive verstehen?
Das kann ich auf eine Art. Ein Beispiel: Wenn man früher eine Motorhaube aufgemacht hat, konnte man mit ein bisschen Geschick noch etwas reparieren. Heute hat man ohne Mechatroniker-Ausbildung keine Chance mehr, irgendetwas ausrichten zu können. Und der junge Manzano wollte ja nicht die ganze Welt ins Unglück stoßen, er wollte für sechs, sieben Stunden das Licht ausmachen. Doch durch unsere heutige Vernetzung durch das Internet hängt alles miteinander zusammen. Daher kann ich Jugendliche heute gut verstehen, die glauben, dass sie nichts beeinflussen können. Die Welt ist so komplex geworden, dass die Möglichkeiten, etwas zu verändern, geringer geworden sind.
Ihr Sohn ist 2008 geboren, machen Sie sich manchmal Sorgen um seine Zukunft?
Sicherlich. Aber ich bin kein Mensch, der negativ denkt. Ich halte mich an die kleinen Dinge, versuche mein Lächeln nicht zu verlieren und das Schöne in der Welt zu sehen. Das gebe ich auch meinem Kind weiter. Ich bin Schauspieler und Geschichtenerzähler, ich arbeite für die Fantasie, nicht für die Politik.
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Was ist das wichtigste, was Sie Ihrem Kind mitgeben?
Liebe und Gefühl ist alles. Davon kann man nicht genug bekommen und auch nicht genug geben.
Sie sind gerade 50 Jahre alt geworden. Wie fühlt sich das an und haben Sie gefeiert?
Es hat sich nicht viel geändert. Ich dachte zwar kurz, jetzt bist du wirklich 50! Aber das habe ich mit 18 auch gedacht. Ja, und eine schöne Feier gab es auch.
Sie spielen eigentlich auch immer die gleichen Rollen, etwas Revoluzzer, etwas unangepasst.
Ich habe mich wirklich nicht sehr verändert. Nur ein paar mehr graue Haare habe ich.