Münster. Das ungewöhnlich kalte Wetter weckt die Hoffnung, Borkenkäfer, Zecken oder Mücken würden dezimiert. Doch das ist mehr Wunsch als Wahrheit.

Auch extreme Minustemperaturen haben ihre guten Seiten: wenn sie zum Beispiel Schädlingsinsekten zu schaffen machen, wie etwa Borkenkäfer oder Zecken. Doch Experten bremsen allzu große Hoffnungen, die Waldbesitzer oder -Besucher nun vielleicht hegen.

„Die Tiere können diese Kälte ab“, sagt Friedrich Luhn, Sprecher beim Landesbetrieb Wald und Holz NRW. Angesichts der „irren Zahl“ an Borkenkäfern, die etwa im Sauerland enorme Schäden an Bäumen verursacht haben, falle es kaum ins Gewicht, wenn jetzt die Tiere, die im Larvenstadium unterhalb der Rinde von Bäumen überwintern, dem Frost zum Opfer fallen. „Das betrifft höchstens zehn Prozent der Borkenkäfer-Population“, sagt Luhn.

Ab -17 Grad Celsius setzen Borkenkäfern und Zecken zu

„Adulten, also erwachsenen Borkenkäfern schadet extreme Kälte nur dort, wo sie sie auch tatsächlich erreicht“, sagt Luhn. Dies sei derzeit allenfalls in Regionen wie dem Bergischen Land oder der Eifel gegeben, wo seit fast einer Woche zwar auch sehr kalt ist, aber kaum Schnee liege.

„Borkenkäfern, die im Boden unter einer Schneedecke überwintern, dürfte der Frost nichts ausmachen“, meint Luhn. Ab -17 Grad Celsius würden Tiere absterben, doch selbst wenn - wie jüngst - in den Nächten örtlich -20 Grad Lufttemperatur gemessen wurden, ist es in den Böden meist doch wärmer, sagt Luhn: „Wir bräuchten mehrere Wochen harten Frost, damit auch die Böden gefrieren“.

Schneedecke auf Böden wirkt isolierend

So sei die extreme Kälte allenfalls „ein Baustein“ dazu, dass sich die Borkenkäfer-Plage der Jahre 2019 und 2020 in diesem Jahr etwas entspannen könnte. Grund dafür ist aber, dass sich im vergangenen Jahr nur zwei Generationen hatten ausbilden können, 2019 waren es drei.

Auch bei Zecken gelte, erst ab Temperaturen von -17 Grad nehmen die Insekten, die gefährliche Krankheiten wie Hirnhautentzündung (FSME) oder Borrelliose übertragen können, Schaden. Tiere, die sich im Boden verkrochen haben und nun unter einer isolierenden Schneeschicht überwintern, hätten jedoch kein Problem selbst mit extremem Frost - auch nicht, wenn der über Wochen andauern würde. Tropischen Zecken hingegen, die erst seit kurzem in unseren Breiten eingewandert sind, könnte der Frost womöglich etwas eher zusetzen, meint Luhn.

Auch Stechmücken haben kein Problem mit Frost

„Ein häufiger und kurzfristiger Wechsel von Frost und Wärme würde Zecken und Borkenkäfern viel mehr zu schaffen machen“, sagt auch Dr. Matthias Kaiser vom Landesamt für Natur und Umweltschutz (Lanuv) in Recklinghausen. „Bei Spätfrost in April und Mai können etwa Borkenkäfer nicht schnell genug ihr körpereigenes ‘Frostschutzmittel’ produzieren“, erklärt Kaiser.

Auch Mücken - die ja auch zur Plage werden können - mache die Kälte nichts aus. Eine Eisdecke auf dem Gewässer, in dem sie überwintern, wirke isolierend, sagt Kaiser. Er verweist zudem auf Skandinavien: „Dort sind die Winter die härtesten in Europa - und es leben dort die weitaus meisten Mücken“.

Was hingegen Zecken schaden würde, sei ein sehr trockener Sommer, sagt Friedrich Luhn von Wald und Holz NRW: „Aber den wollen wir uns mit Blick auf den Waldzustand besser nicht wünschen“.