Moskau. Die Zahl der Toten des Nachtclub-Brandes in der russischen Stadt Perm ist weiter gestiegen, mehr als 130 wurden verletzt. Auslöser des Brandes soll eine Bühnenshow gewesen sein, die Polizei schließt aber auch einen kriminellen Hintergrund nicht aus. Präsident Medwedew verhängte Staatstrauer.
Bei einem von Feuerwerkskörpern ausgelösten Brand in einem Nachtclub der russischen Stadt Perm sind am Samstag mehr als 100 Menschen ums Leben gekommen. 134 weitere wurden nach Angaben des Katastrophenministeriums zum Teil schwer verletzt. Die meisten Opfer verbrannten oder starben an einer Rauchvergiftung, wie ein Sprecher der Ermittlungsbehörde der Nachrichtenagentur RIA Nowosti sagte. Zudem sei es zu einem tödlichen Massenandrang am Ausgang des Clubs gekommen.
Plastikdecke fing Feuer
Die Zahl der Todesopfer sei auf 109 gestiegen, teilte die mit der Untersuchung der Brandkatastrophe beauftragten Kommission am Samstag mit. Rund 230 Gäste hatten in dem Permer Mittelklasse-Restaurant «Das lahme Pferd» das achtjährige Bestehen des Lokals gefeiert, das an Wochenenden auch als Nachtclub öffnete. Kurz vor Mitternacht wurden nach Angaben der Ermittler offenbar Feuerwerkskörper gezündet, die für den Gebrauch in Innenräumen zugelassen gewesen seien, aber eine umsichtige Handhabe erforderten.
Der Zivilschutzminister der Ural-Region Perm, Igor Orlow, sagte der Nachrichtenagentur ITAR-TASS, einer der Feuerwerkskörper habe eine Plastikdecke in Brand gesetzt, die Flammen hätten sofort auf das ganze Gebäude übergegriffen. Die Menschen seien bei lebendigem Leibe verbrannt oder in Panik totgetrampelt worden. Andere seien an einer Kohlenmonoxid-Vergiftung gestorben, sagte Orlow.
Präsident ruft Staatstrauer aus
Durch die Hitze barsten die Fensterscheiben des Ziegelbaus, berichtete ein AFP-Reporter. Die Fenster des Restaurants waren aber so schmal, dass die Restaurant-Besucher nicht hindurchklettern konnten. Eine Anwohnerin berichtete, einige Gäste hätten sich durch eine Hintertür retten können.
Der russische Präsident Dmitri Medwedew rief für Montag Staatstrauer aus. Die Verantwortlichen der Katastrophe müssten bestraft werden, sie hätten «weder Hirn noch Skrupel», erklärte er in Moskau. Katastrophenschutzminister Sergej Schoigu sagte, es habe zwei Beschwerden wegen Verstößen gegen die Brandschutzbestimmungen in dem Lokal gegeben. Ministerpräsident Wladimir Putin forderte eine «gründliche Untersuchung» dieser «grauenhaften Katastrophe».
Angeblich kein terroristisches Attentat
Einer der Restaurantbesitzer sowie die Leiterin der Gaststätte wurden festgenommen. Grund seien nicht eingehaltene Sicherheitsbestimmungen für das Abbrennen von Feuerwerkskörpern, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft.
Die Nachrichtenagentur RIA Nowosti meldete unter Berufung auf Polizeikreise, dass die Ermittler einen kriminellen Hintergrund nicht ausschließen. Die Polizei habe «ernstzunehmende Hinweise», dass der Brand bewusst herbeigeführt worden sein könnte. Einen Terroranschlag schloss die Staatsanwaltschaft jedoch aus. Am Freitag vor einer Woche waren bei einem Anschlag auf einen russischen Schnellzug mindestens 26 Menschen ums Leben gekommen. Zu der Tat hatte sich eine Islamistengruppe aus dem Nordkaukasus bekannt.
Laxer Umgang mit Brandvorschriften
Die Großstadt Perm mit rund einer Million Einwohnern liegt rund 1.200 Kilometer östlich von Moskau im Uralgebirge. Laut Medienberichten schickte Präsident Dmitrij Medwedew mehrere Minister an den Unglücksort.
Die Katastrophe unterstreicht auf grausame Weise den laxen Umgang mit Brandschutzvorschriften in Russland. Jährlich kommen in dem Land 18.000 Menschen bei Bränden ums Leben. Bei einer sogenannten «Feuerschau» in einem Moskauer Club gab es vor zwei Jahren zehn Todesopfer, in der sibirischen Stadt Omsk kamen bei einem Brand in einem Club vor einem Jahr vier Menschen ums Leben. (afp/ap)