Dschidda. Die Wallfahrt von Millionen Muslimen wird überschattet: Zum einen von der Angst vor Schweinegrippe, zum anderen durch heftigen Regen, der Überschwemmungen, Staus und Stromausfälle verursachte. Die Wolkenbrüche könnten zu Erdrutschen führen und die Gefahr einer Massenpanik erhöhen.

Regenschirm und Mundschutz gehören in diesem Jahr zur Hadsch wie das traditionelle weiße Pilgergewand. Die Wallfahrt von Millionen Muslimen zu den heiligsten Stätten des Islams wird nicht nur von Angst vor der Schweinegrippe überschattet. Auch selten heftiger Regen zum Auftakt machte den Besuchern mit Überschwemmungen, Megastaus und Stromausfällen das Leben schwer.

Bei dem Unwetter kamen mindestens 77 Menschen ums Leben, Pilger waren offenbar nicht darunter. Am Donnerstag ließ der Regen nach und die Schirme dienten den Gläubigen auf dem Marsch zum Berg Arafat vor Mekka als Sonnenschutz. Für Freitag wurde weiterer Niederschlag erwartet.

Gefahr einer Massenpanik

Die Wolkenbrüche könnten zu Erdrutschen führen und die stete Gefahr einer Massenpanik erhöhen. 2006 hatte ein verlorenes Gepäckstück ausgereicht, eine Menschenmenge ins Stolpern zu bringen und ein tödliches Gedränge auszulösen, in dem mehr als 360 Menschen ums Leben kamen. Schon der Auftakt der mehrtägigen Pilgerfahrt am Mittwoch war buchstäblich ins Wasser gefallen. Zelte standen unter Wasser, Straßen waren unterspült, und auf der Hauptstraße von Dschidda in Mekka staute sich der Verkehr auf 30 Kilometer Länge.

Geschützt von Regenschirmen und Masken umrundeten Gruppen von Männern und Frauen zu Beginn des Pilgerritus die Kaaba in Mekka. Doch zeitweise war der Platz um den schwarz verhüllten Quader beinahe leer, ebenso wie die normalerweise am ersten Tag der Hadsch heillos verstopften Straßen ringsumher. Immer wieder fiel der Strom aus.

Einige Häuser stürzten ein

Der Zivilschutz berichtete von mindestens 77 Todesopfern des Unwetters, vor allem in Dschidda. Die Stadt am Roten Meer war von Überschwemmungen und Erdrutschen besondes betroffen, auch einige Häuser stürzten ein. In Mekka und Dschidda regnet es im Winter öfter, doch die Niederschlagsmenge am Mittwoch war so groß wie seit Jahren nicht mehr zur Hadsch: Mit sieben Zentimetern bekam Dschidda so viel ab wie sonst im ganzen Jahr nicht.

Die Hadsch ist einmal im Leben Pflicht für jeden gläubigen Muslim, der gesundheitlich und finanziell dazu in der Lage ist. In diesem Jahr werden mehr als drei Millionen Pilger aus aller Herren Länder erwartet, die auf den Spuren Abrahams und des Propheten Mohammed wandeln und sich von Sünde befreien wollen.

Jeden Tag ein anderes Ritual

Sie ist auch ein logistischer Alptraum. Vier Tage lang pendelt quasi die gesamte Einwohnerschaft einer Millionenstadt mit dem Auto, dem Bus oder zu Fuß zwischen Mekka und anderen Wallfahrtsorten in der Umgebung und vollführt jeden Tag ein anderes Ritual - alle zur gleichen Zeit, dicht an dicht.

Der Zivilschutz hat sich auf Überschwemmungen vorbereitet und hält 300 Busse bereit, um im Notfall Menschen in Sicherheit zu bringen. Die größte Sorge aber ist schon seit Monaten die Schweinegrippe. Die saudi-arabische Regierung hat mehr als 100 Kliniken eingerichtet und Vorkehrungen getroffen, um einen Ausbruch einzudämmen. Schilder am Flughafen Dschidda und an den Wallfahrtsorten fordern die Gläubigen auf, sich häufig die Hände zu waschen, beim Husten das Gesicht zu bedecken und eine Schutzmaske zu tragen. Impfungen gibt es gratis schon am Flughafen, auch Grippemedikamente sind reichlich vorhanden.

Vier Pilger starben an Schweinegrippe

Bislang sind nach Auskunft von Gesundheitsminister Abdullah al Rabijah vier Pilger nach der Ankunft in Saudi-Arabien an Schweinegrippe gestorben, bei weiteren 67 wurde das Virus festgestellt. Der Epidemiologe Hassan el Buschra vom Büro der Weltgesundheitsorganisation in Kairo sieht keinerlei Hinweis darauf, dass der Regen zur Verbreitung des Virus beitragen würde. Er könnte sich sogar als nützlich erweisen, wenn wegen des schlechten Wetters die Menschenmengen nicht so groß seien.

Doch die meisten Pilger sind in so gehobener Stimmung, dass sie sich wenig Sorgen machen. Omar Issa aus Nigeria sagt, er habe sich gegen die Schutzimpfung entschieden: «Ich fürchte nichts, weil Gott mich beschützt.» (AP)