Wuppertal. Maik ist 55 und lebt seit vielen Jahren auf der Straße. Er bekommt zwar Sozialhilfe, zum Leben reicht das aber nicht. Daher muss er betteln.
Ein warmes Zuhause, einen Job und regelmäßige Mahlzeiten – was für die meisten von uns selbstverständlich ist, kennt Maik S. nicht mehr. Der 55-Jährige lebt seit vielen Jahren auf der Straße. Wie lange, kann er nicht genau sagen – so lange ist das nun schon her. Alles, was er jetzt noch besitzt – Kleidung und Decken –, trägt er in zwei großen Taschen mit sich.
Nach der Schule konnte der gebürtige Gelsenkirchener sich zunächst noch mit einigen Jobs über Wasser halten. Er erzählt – von der Arbeit in einer Metallfabrik, in einem Supermarkt oder bei einer Zeitarbeitsfirma, wählerisch war er nicht: „Ich hatte Bock auf arbeiten und hab dann alles Mögliche gemacht“, sagt Maik.
Zu dieser Zeit habe er sich noch eine eigene Wohnung leisten können, doch früh kamen psychische Probleme hinzu. Maik war nicht mehr arbeitsfähig: „Mit der Arbeit läuft gar nichts mehr. Ich hab einen unbefristeten Behindertenausweis auf Psyche ausgestellt bekommen.“ Seitdem bekommt er die sogenannte Grundsicherung, ungefähr 390 Euro bleiben für ihn dann im Monat übrig – Kranken- und Sozialversicherung sind da schon abgezogen.
Flaschensammeln und Betteln als Nebenverdienst
Doch für ein Leben ‚draußen‘ reicht das nicht: „Da kann man nicht mit hinkommen, das ist dermaßen knapp“, sagt Maik. Deshalb sammelt er gelegentlich schon mal Flaschen. Auch Betteln ist ein guter Nebenverdienst: „Da kommt ein bisschen was zusammen. Die Leute geben schon mal gerne was: Mal einen, mal zwei oder auch fünf Euro. 20 bis 30 Euro sind es dann an einem guten Tag.“
Eine Scheu, um Almosen zu bitten, habe er nicht, auch negative Erfahrungen mit Passanten seien bisher ausgeblieben – im Gegenteil: „Hin und wieder bleibt auch jemand stehen und fragt, wie das denn so auf der Straße ist. Da hab ich auch kein Problem zu erzählen und man selbst kriegt da auch einige Geschichten zu hören.“
Schon viel in Europa rumgekommen
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Dass der 55-Jährige gerne von seinem Leben erzählt, wird gleich klar, wenn man mit ihm spricht – vor allem wenn er von seinen Reisen erzählt. Dann fangen seine blauen Augen an zu glänzen. So erzählt er stolz, dass er „schon viel rumgekommen“ ist. Nach seinem Jobverlust sei er von Wuppertal unter anderem nach Aachen gegangen.
Dort habe er sechs Jahre in einem Zimmer in einer sozialen Einrichtung gelebt – bis es ihm reichte: „Da kam immer die Polizei oder einer war immer besoffen. Das ging mir dann so auf die Nerven, da hab ich meine Jacke genommen und war weg.“
Nachts kommt er in einer Notunterkunft unter
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Von Aachen fuhr er ohne Ziel, „einfach mal der Nase lang“ Richtung Belgien. Von dort aus über die Dörfer bis zur französischen Grenze, wo er einige Zeit in Notunterkünften verbracht hat. Auch Lille und Paris hat er gesehen. „Das hat mir ganz gut gefallen“, sagt Mike. Von Frankreich aus ging es dann weiter in die Niederlande bis er „keinen Bock mehr hatte“ und zurück nach Deutschland wollte.
Geld für ein Zugticket habe ihm ein Bekannter geliehen, das reichte gerade bis Mönchengladbach. Nach einem halben Jahr in einer Einrichtung in Viersen war es ihm aber auch dort zu langweilig. Weiter ging es für kurze Zeit nach Düsseldorf: „Aber da war’s zu voll, zu viele Obdach- und Arbeitslose“, sagt er.
Eine Wohnung ist für ihn nicht mehr erstrebenswert
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Seit einem Jahr ist Maik daher wieder in Wuppertal. Nachts kommt er in einer Notunterkunft unter, aus der er zwar jeden Morgen wieder raus muss, in der er aber immerhin jede Nacht dasselbe Bett bekommt. Für ihn braucht es vorerst nicht mehr, zu lange schlägt er sich schon auf seine Art und Weise durch: „Ich bin gar nicht so versessen darauf oder bemüht eine Wohnung zu bekommen. So wie es im Moment ist, das reicht mir. Ich schlafe nachts gut und den Tag bekomme ich auch gut rum“. Den Kontakt zu seiner Familie habe er zwar schon lange abgebrochen, dafür kenne er auf der Straße aber „eine Menge Leute“.
Wo es für den Weltenbummler als nächstes hingeht, das weiß Maik noch nicht: „Ich bin neugierig auf andere Städte, aber im Moment bin ich zufrieden in Wuppertal.“ Es scheint, als sei der 55-Jährige glücklich mit seiner Situation: „Eine Ärztin meinte mal zu mir ‚Das Leben auf der Straße ist ja sehr hart‘.“ Da habe er gar nicht gewusst, was sie meinte. „Ich sehe das nicht so“, sagt Maik. „Vielleicht ein bisschen kalt jetzt im Winter, aber mehr nicht.“