Essen. Der bekannte politische TV-Journalist und ehemalige WDR-Intendant Friedrich Nowottny distanziert sich wenig glaubwürdig von einer zweifelhaften Werbekampagne eines Braunschweiger Händlers für zackige Wehrmachts-Propaganda. Von den Nazi-Marken will Nowottny im Nachhinein nichts gewusst haben.
Wohl kalkuliert verschickte der Briefmarkenhändler Borek zum 70. Jahrestag des Überfalls auf Polen tausende Werbebriefe für 13 Marken mit kriegsverherrlichenden Motiven der Nazi-Propaganda. Angepriesen wird der Satz „Heldengedenktag 1944” von Friedrich Nowottny, dem ehemaligen WDR-Intendanten und ARD-Vorsitzendem, bekannt geworden als Moderator von 1000 Sendungen des TV-Dauerbrenners „Bericht aus Bonn”.
Ebenso zerknirscht wie genervt
Der renommierte politische Journalist, geboren 1929 im heute polnischen Oberschlesien, gibt sich im Gespräch mit dieser Zeitung ebenso zerknirscht wie genervt: „Geht das jetzt schon wieder los.” Eine Agentur habe ihn vor rund anderthalb Jahren angefragt, ob er Werbung für den großen Braunschweiger Briefmarkenversender Richard Borek machen würde. Kurz darauf erschien die erste Kampagne. Die einzelnen Marken kenne er, obwohl selbst Briefmarkensammler, nicht. „Ich habe das leichtfertig gemacht und nicht auf eine einmalige Verwendung beschränken lassen.” Bei dem abgebildeten Foto von ihm handele es sich um eine Montage. „Die Krawatte und der Anzug sind nicht von mir.” Das ist allerdings ein übliches Verfahren.
Auch der ihm in dem Werbebrief zugeschriebene, verharmlosende Text stamme nicht von ihm. Darin heißt es: „Helfen Sie, die Erinnerung an diesen schicksalhaften Teil der deutschen Geschichte an unsere Enkelkinder weiterzugeben.” Direkt unter Nowottnys Bild ist ein Reichspfennig abgebildet, auf dem das Hakenkreuz nur so weit abgedeckt ist, das es noch zweifelsfrei zu erkennen bleibt. Experten sehen die Briefmarkenszene grundsätzlich von einer sehr unpolitischen Betrachtungsweise der Nazi-Diktatur geprägt.
Unternehmen will Nowottny informiert haben
Dass seine Person nicht mehr für die zweifelhafte Werbung verwendet wird, „das habe ich auch schon angemahnt”, sagte Nowottny dieser Zeitung. Ähnlich hatte er sich schon im April gegenüber einem Rundfunksender geäußert. Doch der Borek-Geschäftsführer Bernd Assert „weiß nichts davon”. Und: Nowottny könne jederzeit von der Vereinbarung zurücktreten. Eingekauft habe man ihn - im Raum steht eine Summe von ca. 25 000 Euro - als in der Werbebranche so genanntes Testemonial für das Gebiet „Deutsches Reich”. Borek hätte Nowottny über die Agentur alle Briefe stets vorgelegt.
Da erscheint Nowottnys Aussage, er denke an rechtliche Schritte gegen Borek, als wenig glaubhaft. Auf jeden Fall weiß der preisgekrönte Medienprofi (Goldenes Schlitzohr 1986) nun, worum es geht. Er hat bestätigt, seinen jüngsten Werbebrief von uns nach Hause gefaxt bekommen zu haben.