Essen. Seit “Star Wars“ im Kino läuft, hat der Spoiler mal wieder Hochkonjunktur: Schon oft haben Spaßverderber Film- und Buchfans die Pointe vermiest.

Soylent Green ist Menschenfleisch. Ach, Sie haben den Sci-Fi-Klassiker mit Charlton Heston noch nie gesehen? Tut mir Leid, dann habe ich Ihnen jetzt die Pointe verdorben, falls Sie sich den Streifen doch mal ansehen wollten.

Er bringt Filmfans und Bücherfreunde auf die Palme, kann Tobsuchtsanfälle und Heulkrämpfe auslösen: Der Spoiler, die fieseste Waffe aller Spaßverderber. Als ich - Monate nach allen anderen - begonnen hatte, die Serie "Breaking Bad" zu schauen, hatte ein Bekannter, den ich seit damals nicht mehr Freund nenne, eine diebische Freude daran, mir unerwartet Details der nächsten Folge zu verraten. Furchtbar.

Browser-ErweiterungLaut einer Studie von Psychologen der Freien Universität Amsterdam gibt es zwei Sorten von Menschen: Solche, denen die Freude an einer Geschichte durch Spoiler genommen wird, und solche, für die Spoiler kein Problem sind.

Alle, die zur ersten Gruppe gehören, seien gewarnt: Im Folgenden geht es um die vielleicht ärgerlichsten Spoiler der Film- und Literaturgeschichte:

"Star Wars: Episode VII - Das Erwachen der Macht"

Seit Jahren warten "Star Wars"-Fans auf diesen Film. Und jetzt ist er tatsächlich in den Kinos: "Star Wars: Episode VII - Das Erwachen der Macht". Rechteinhaber Disney hat aus der Geheimniskrämerei um den siebten Teils der Weltraum-Saga eine Riesen-Marketingstrategie gemacht - die die Zielgruppe voll trifft: Kein eingefleischter Fan will vorab Details über Figuren erfahren, die zu viel über die Handlung verraten könnten.

Stellen Sie sich vor, Sie hätten damals schon vorher gewusst, dass Darth Vader Lukes Vater ist (Verzeihung, falls Sie Episode V noch nicht gesehen haben)! Oder dass Leia Lukes Schwester ist (nochmals Verzeihung, falls ... Sie wissen schon).

Ein Amazon-Händler hat mit dem Verraten eines solch brisanten Verwandtschaftsverhältnisses bei Fans für Entrüstung gesorgt: Hinter dem Angebotstitel für ein "Star Wars"-Puzzle zum Filmcharakter Finn steht in Klammern "Lando Calrissians son" - Finn ist demnach also der Sohn von Lando Calrissian. Jenem Lando, der Luke Skywalker und Leia in Episode V überraschend in eine Falle lockt ... aber sehen Sie sich das selbst an. Und so ganz klar ist das mit Finn auch nicht ... aber sehen Sie sich auch das selbst an.

"Harry Potter und der Halbblutprinz"

Dumbledore ist tot. Wahrscheinlich wissen das mittlerweile die meisten Menschen, auch wenn sie mit den Büchern und Filmen um Harry Potter, jenem bebrillten Zauberjungen mit dem Blitz auf der Stirn, nichts am Hut haben. Vor dem Erscheinen des sechsten Buches der Reihe im Jahr 2005 wusste aber niemand, dass die Figur Dumbledore, Direktor der Zauberschule Hogwarts, stirbt - außer mutmaßlich Autorin Joanne K. Rowling.

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Kurz nach Erscheinen trugen Spaßverderber T-Shirts mit der Aufschrift "Dumbledore stirbt auf Seite 596" - und sorgten für Entsetzen bei "Harry Potter"-Fans.

Auch vor dem Erscheinen des letzten Bandes "Harry Potter und die Heiligtümer des Todes" gab es haufenweise Gerüchte über den Tod der Titelfigur, was für einen Aufschrei unter den Potter-Jüngern sorgte. Dabei stimmte das Gerücht am Ende nicht. Oder doch? Ich will mal nichts verraten.

"How I Met Your Mother"

Die US-Serie "How I Met Your Mother" punktete seinerzeit vor allem mit einer raffinierten Erzählweise. 208 Folgen lang kreist die Handlung um die Kernfrage: Wer ist denn jetzt die Mutter von Ted Mosbys Kindern? Schon früh wird klar: Robin Scherbatsky, der Ted in einer der ersten Folgen eine Liebeserklärung macht, kann es nicht sein, denn Ted spricht zu seinen Kindern von "Tante Robin". Obwohl sich der Plot immer wieder um die beiden Figuren Ted und Robin dreht, können sie nicht das Traumpaar Serie sein - oder etwa doch?

Als Ende März 2014 die letzte Folge der Serie im US-Fernsehen lief, twitterten unzufriedene Zuschauer was "vom schlechtesten Ende aller Zeiten", und mehrere Nutzer posteten Bilder, auf denen der ältere Ted und die ältere Robin mit eben jenem blauen Waldhorn zu sehen waren, mit dem der junge Ted einst um die junge Robin geworben hatte. Damit war ziemlich klar: Ted und Robin kommen am Ende wohl doch zusammen. Und es dauerte nicht lange, bis sich im Netz in Windeseile das Gerücht verbreitete, dass Tracy, Teds Frau, kurz vor Ende der Serie stirbt. Fazit: Spoiler-Feinde ohne Internetanschluss sind bisweilen glücklicher.

"Twin Peaks" - und die Rache des Privatsenders 

Ohne "Twin Peaks" hätte es "Akte X" vielleicht nie gegeben. Die genrebildende Mystery-Serie von Regisseur David Lynch war Anfang der 90er-Jahre Kult. In der ersten Staffel versucht FBI-Agent Dale Cooper den Mord an der jungen Laura Palmer im kleinen Ort Twin Peaks aufzuklären. Die gesamte immer geheimnisvoller werdende Handlung steuert auf die Frage zu: Wer ist der Mörder?

Im deutschen Fernsehen wurde die Serie seinerzeit von RTL Plus ausgestrahlt - und Konkurrent Sat.1 verriet den Namen des Möders auf seiner Videotext-Startseite. So ging Spoilern in der Prä-Internet-Ära.

"Das Halstuch"

Der Spoiler-Klassiker schlechthin: "Das Halstuch". Die sechsteilige Krimi-Serie fesselte 1962 fast alle Deutschen vor die Röhren-Fernseher - wer keinen hatte, ging zu den Nachbarn. Ja, das Fernsehen verbindet. Das WDR-Fernsehspiel aus der Feder des britischen Autors Francis Durbridge erreichte eine Einschaltquote von beinahe 90 Prozent - das hat es danach nie mehr gegeben. "Straßenfeger" nannte man das damals.

Die Ausgangshandlung ist schnell erzählt: In einer britischen Kleinstadt nahe London wird eine junge Frau tot gefunden - offenbar wurde sie mit einem Halstuch erwürgt. Polizist Harry Yates übernimmt den Fall - und Millionen Deutsche rätseln mit. Die Serie schlug die Zuschauer derart in Bann, das an den sechs Ausstrahlungsabenden die Straßen tatsächlich wie leergefegt waren. In vielen Firmen und Fabriken sollen gar die Nachtschichten ausgefallen sein.

Und dann passierte das Unvorstellbare: Einen Tag vor der Ausstrahlung der letzten Folge verriet Kabarettist und Filmemacher Wolfgang Neuss den Namen des Mörders. In einer Berliner Zeitung schaltete Neuss eine Annonce für seinen neuen Film "Genosse Münchhausen", der am Tag der "Halstuch"-Ausstrahlung in den Kinos anlief. Der Text: "Ratschlag für morgen: Nicht zu Hause bleiben, denn was soll’s: Der Halstuchmörder ist Dieter Borsche". Und Schauspieler Dieter Borsche verkörperte John Hopedean - den Halstuchmörder! Die Bild-Zeitung nannte Neuss daraufhin allen Ernstes einen "Vaterlandsverräter", er erhielt Morddrohungen - eine Nation war in Rage.

Woher Neuss den Namen des Mörder kannte, ist nicht ganz klar. Er selbst behauptete bis zu seinem Tod, lediglich gut geraten zu haben. Andere behaupten, seine Mutter und die Ehefrau von Dieter Borsche wären Kundinnen beim selben Pediküresalon - dort könnte Borsches Frau die pikante Info weitergegeben haben. So ging Spoilern in der Prä-Videotext-Ära.

"Game Of Thrones"

In der Serie "Game Of Thrones" stirbt ja ständig irgendwer. Egal, ob Protagonist und/oder Publikumsliebling - zack, tot, raus aus der Serie. Spätestens ab der sogenannten roten Hochzeit, bei der in der dritten Staffel gleich eine ganze Protagonisten-Schar um die Ecke gebracht wird, sollten sich die Zuschauer nicht mehr zu sehr an liebgewonnene Figuren gewöhnen.

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Und dann spoilert der Fernsehsender HBO seine eigene Serie: Auf einem Plakat, das für die sechste Staffel wirbt, ist Jon Schnee zu sehen - dabei wurde der Charakter am Ende der fünften Staffel ermordet. Zwei Spoiler in einem für all jene, die die fünfte Staffel noch gar nicht gesehen hatten: Was, John Schnee stirbt? Unter Fans der Serie sorgte das Plakat für große Aufregung - zumal die Romanvorlage, von der die Serie inzwischen teilweise abweicht, keine Antwort auf die Frage nach John Schnees Leben oder aber Ableben liefert.

Angesichts des nachfolgenden Medienechos dürfte der Spoiler für den Sender HBO jedenfalls ein gelungener Marketingschachzug gewesen sein.

"Dallas" - der Spoiler-Verweigerer

Wer schoss auf J.R. Ewing? Das fragten sich 1980 Millionen Zuschauer, nachdem sie das Staffel-Finale der Serie "Dallas" im Fernsehen gesehen hatten: J.R. sitzt am Schreibtisch, hört verdächtige Geräusche - dann ein Schuss, und J.R. Ewing bricht zusammen. Ende. Der perfekte Cliffhanger, um die Spannung für die nächste Staffel ins Unerträgliche zu treiben.

Der Hype um die Frage nach dem Schützen war für die Serie ein Super-Erfolg: Sämtliche Medien spekulierten, eine US-Zeitung richtete gar eine Telefon-Hotline ein, über die Leser ihre Theorien loswerden konnten.

Schauspieler Larry Hagman, der den J.R. verkörpterte, soll in Großbritannien gar einer neugierigen Königinmutter gesagt haben: "Nicht einmal Ihnen würde ich es verraten."

Zumal er es wahrscheinlich gar nicht wusste: Denn aus Angst vor einem Spoiler kannte nur ein kleiner, eingeweihter Kreis der Produktionsfirma den Namen des Angreifers - und ließ, um Verwirrung zu stiften, mehrere Versionen mit verschiedenen Schützen drehen.

Nur Scheuklappen helfen

An Spoilern vorbei zu kommen, scheint fast unmöglich. Die sicherste Methode: Den Internetanschluss kappen, mit niemandem mehr über irgendein Thema reden, Scheuklappen anziehen. Und: Ab jetzt nicht mehr weiterlesen, denn:

Malcolm Crowe ist selbst ein Geist, Donnie Darko stirbt am Ende , "Rosebud" ist der Schlitten von Charles Foster Kane (jetzt hören Sie schon auf zu lesen!), Harry Potter stirbt doch nicht (Spoileralarm!!!), Roger Kint hat seine Behinderung nur vorgetäuscht (Klicken Sie weg, klicken Sie weg!), Tyler Durden ist nur eine Einbildung, Grace Stewart ist ein Gespenst - und Kylo Ren aus "Star Wars" ist in Wahrheit...