Rom. Italien stöhnt unter Rekord-Temperaturen: Klimaanlagen sind überlastet, es drohen Waldbrände und die Wasserstände der Flüsse sinken stetig.

Schon morgens um acht Uhr scheint der Asphalt unter den Füßen zu schmelzen. Touristen spannen ihre Schirme auf, an den öffentlichen Trinkbrunnen in Rom bilden sich erste Schlangen. Ein Bus fährt vorbei, drinnen schwitzende Menschen, die sich Luft zufächeln. Der Wind gleicht einem Haartrockner. "Sommer in Italien ist immer warm, aber so heiß ist es schon lange nicht mehr gewesen", sagt Kiersten, die in Rom eine Boutique betreibt. "Eigentlich kann ich gleich schließen, bei so einer Hitze geht eh niemand vor die Tür."

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Meteorologen erwarten einen Rekord-Juli, wenn nicht sogar einen Rekord-Sommer. Das Land stöhnt unter Temperaturen, die an der 40-Grad-Marke kratzen. "Das, was wir gerade erleben, ist ein Monat, der in die Klimageschichte eingehen wird", sagt der Meteorologe Daniele Berlusconi über die Situation in Mailand und Umgebung. Die Hitze in Italien passt ins Bild dieses Sommers: Der Juni 2015 war nach Messungen der US-Klimabehörde NOAA der wärmste Juni seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1880.

Warnung vor Waldbrandgefahr

Auch die Besucher der Expo in Mailand bekommen die Wärme zu spüren. Mit Wassersprühanlagen versuchen einige Pavillons, die Menschen abzukühlen. "Wir haben mit Sonnensegeln nachgerüstet", sagt Till Deininger vom deutschen Pavillon. Die Bahngesellschaft Trenord, die Besucher zur Weltausstellung bringt, warnt, dass die Hitze die Klimaanlagen überstrapaziere und es deshalb zu Ausfällen komme.

Probleme haben nicht nur die Menschen, auch die Natur leidet unter der Hitze und Trockenheit: So wollten Bienen bei solchen Temperaturen nicht mehr fliegen und Blüten bestäuben, warnt der Bauernverband Coldiretti. Kühe gäben weniger Milch, Hühner legten weniger Eier. In Südtirol, Ligurien und in Süditalien warnten die Behörden vor extremer Waldbrandgefahr.

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Am Po, dem wichtigsten Wasserspender für die Landwirtschaft und dem längsten Fluss Italiens, sinkt der Wasserstand bedenklich. "Wir sind in Alarmbereitschaft aber noch nicht mit einem Notfall konfrontiert", sagte Francesco Puma vom Aufsichtsamt des Flusses der Zeitung "La Repubblica". Problematisch sei es, wenn der Wasserstand weiter sinke, so dass vom Meer Salzwasser in das Flussdelta fließe. Es sei nötig, Wasser aus dem Lago Maggiore und dem Gardasee abzulassen. Doch die Tourismusindustrie sei dagegen. "Wer vom Tourismus lebt, will den Wasserstand im See hoch genug, damit man dort mit dem Schiff fahren kann. Wer im Tal lebt, will das Wasser für die Bewässerung."

Wer viel Hitze ertragen muss, zahlt weniger

Aber es gibt auch Orte, wo es sich aushalten lässt. "Wir haben eine sehr schöne Saison, den Leuten ist es nicht zu heiß. Schlimmer ist es für Urlaubsorte, wenn es regnet", sagte eine Sprecherin des Tourismusbüros im norditalienischen Ferienort Bibione, der vor allem bei Deutschen beliebt ist.

Auch beim italienischen Fremdenverkehrsamt ENIT sind noch keine Klagen über die Hitze eingegangen. "Das stört die Leute meistens nicht so", sagt Sprecherin Anouk Friess. Anders sehe es aus, wenn es zu Waldbränden oder Ähnlichem komme, dann gebe es besorgte Anrufer.

Andere versuchen, ihr Geschäft mit der Hitze anzukurbeln. Eine Firma preist zum Beispiel ein Mittel an, mit dem der Müll - der in der Hitze schneller verrottet - weniger stinkt. Und eine Tourismusmarketing-Gesellschaft hat sich einen Trick ausgedacht, um schwitzende Urlauber in die kühleren Dolomiten zu locken: Wer aus einem Ort kommt, in dem es besonders heiß ist, zahlt weniger. (dpa)