Köln. . Nach tödlichen Unfällen bei mutmaßlichen illegalen Autorennen verschärft die Polizei die Kontrollen. Auch im Ruhrgebiet geht sie gegen Raser vor.

Ein BMW und ein Mini, beides Carsharing-Fahrzeuge, jagen durch die Kölner Innenstadt. Plötzlich verliert einer der beiden Fahrer an einer Kreuzung die Kontrolle: Sein BMW stößt mit einem weiteren, unbeteiligten Mini zusammen, überschlägt sich und kollidiert mit einem Radfahrer. Das 26-jährige Opfer stirbt drei Tage später an seinen schweren Kopfverletzungen.

Die Ermittler gehen davon aus, dass sich die Autofahrer ein illegales Rennen geliefert und die Wagen extra für das Rennen gemietet hatten. Auf diese Weise, so die Polizei weiter, wollten sie offenbar verhindern, dass ihre eigenen Autos als „Tatwerkzeuge“ beschlagnahmt werden.

Dritter Kölner, der bei einem illegalen Autorennen starb

Sollte sich der Verdacht eines illegalen Rennens bestätigen, wäre der Radfahrer bereits der dritte Tote in diesem Jahr bei illegalen Autorennen in Köln. In allen Fällen waren die Getöteten Unbeteiligte. Im April starb eine Radfahrerin in der Domstadt, als sie von einem Auto erfasst wurde. Einige Wochen zuvor war bei einem Rennen ein Taxi gerammt worden, ein Fahrgast hatte tödlich Verletzungen erlitten.

Köln hat mittlerweile auf die Zwischenfälle reagiert. So veröffentlichte die Stadt am Donnerstag eine Pressemitteilung über eine „Sondergruppe der Unfallkommission“. Diese BAO (Besondere Aufbauorganisation) „Rennen“ geht bereits seit Mai gegen die organisierte Szene der vorsätzlichen Raser vor und wird fortan die Raserschwerpunkte in der Domstadt noch intensiver beobachten: Dort drohen nun strengere Tempolimits, stärkere Geschwindigkeitskontrollen und die schnellere Stilllegung von illegal getunten Autos.

In Ruhrgebiet gibt es Autorennen in Duisburg und Dortmund

Auch im Ruhrgebiet arbeiten die örtlichen Polizeibehörden mit diesen Maßnahmen gegen Raser – die Szene ist hier vor allem in Duisburg und Dortmund aktiv. Eine beliebte Rennstrecke liegt im Duisburger Norden: Die B8 ist eine schnurgerade, vierspurige Strecke an der „immer wieder was los ist“, sagt die Polizei. Genau wie in Köln kontrolliere man verstärkt auf Geschwindigkeitsverstöße. Das Besondere: Im Herbst 2014 gründete sich in Duisburg eine „Bürgerinitiative gegen Raserei auf der B 8“, die der Stadt Druck macht – mit erstem Erfolg: Tempo 30 soll kommen, Blitzer sind geplant.

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Dortmund hat gleich zwei Orte, an denen Tuning-Fans und Raser sich regelmäßig treffen. Einer liegt auf dem alten Hochofen-Gelände „Phoenix West“. Dort locken viel freie Fläche und vor allem eine lange, zweispurige Strecke am nördlichen Rand des Geländes die Autobegeisterten an. Auch der mehrspurige Wall werde regelmäßig für Autorennen genutzt, sagt Polizeisprecher Marco Müller. Deshalb sei man gemeinsam mit der Stadt regelmäßig vor Ort, kontrolliere Geschwindigkeit und Zulassung der Fahrzeuge.

Raser reizt es, irgendwas Verbotenes zu tun

Ein Kenner der Dortmunder Rennszene, der lieber nicht mit Namen genannt werden möchte, sagte unserer Redaktion: „In 'Phoenix West' stellen alle immer ihre Autos ab, grillen gemeinsam und gucken sich die Karren eher an.“ Auf dem Ring um die Innenstadt hingegen fänden die eigentlichen Rennen statt. „Da treffen sich vor allem Menschen, die sich super beweisen und cool dastehen möchten. Leute, die es reizt, irgendetwas Verbotenes zu tun, die sich irgendwie vor den Frauen, die da sind, beweisen wollen; die aber gleichzeitig keine finanziellen Mittel haben, um auf einer Rennstrecke zu fahren.“

Für Mopedfahrer hingegen sei eher das Sauerland ein Anziehungspunkt. „Für einen Motorradfahrer ist das richtig geil dort; es gibt mega gute Kurven. Das ist der Kick, den die Raser suchen.“

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Der typische Raser ist meistens männlich

Dr. Karl-Friedrich Voss, Vorsitzender des Bundesverbands Niedergelassener Verkehrspsychologen (BNV), beschreibt den „typischen Raser“ ähnlich: Überwiegend sei er männlich („Frauen vermeiden solche spektakulären Fahrweisen eher“), oft jung, aber durchaus auch bis zu 45 Jahre alt und jemand, „der nicht gerade zur gesellschaftlichen Mitte zählt“.

Wer wiederholt rase, versuche meist, sein Selbstbewusstsein durch die Erfolge bei Rennen zu stärken. „Er will nicht nur sich selber beeindrucken, sondern auch die Öffentlichkeit“, sagt Voss. „Deshalb reizen natürlich die großen, breiten Straßen, die nachts leer sind, am meisten.“

Im Dunkeln darauf entlang jagen, sich alleine fühlen und dennoch im öffentlichen Raum unterwegs sein – das kostete in Köln drei unbeteiligte Menschen das Leben.