Merkel und Gauck empfangen Königin Elizabeth II. in Berlin
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Berlin. . Die dienstälteste Monarchin Europas ist in der Hauptstadt angekommen und verzaubert Tausende. Egal, wen man fragt: Alle sind Fan der großen kleinen Dame.
„A warm welcome!“, sagt Angela Merkel und schüttelt der Queen die Hand. Kein Knicks, keine Verbeugung. Und auch kein Hut: Merkel trägt eines ihrer schlichten roten Arbeitsjacketts – und jeder kann sehen: Hier treffen sich zwei Frauen auf Augenhöhe. „Queen of Europe“ nennen britische Zeitungen die Kanzlerin.
Eine halbe Stunde Zeit nehmen sich die dienstälteste Königin und die mächtigste Politikerin von Europa an diesem Morgen für ihr Treffen. Merkel zeigt der Queen das Kanzleramt und führt sie schließlich auf den Balkon: „Dort, wo der Zug fährt, da war die Mauer“, sagt die Gastgeberin und wischt mit dem Finger über den Horizont. „Und ich habe in Ostdeutschland gelebt, 200 Meter hinter dieser Bahnlinie.“ Später spricht Merkel den 70. Jahrestag des Kriegsendes an. „Ja“, sagt die Queen höflich, „es gibt so viele Jahrestage!“
Draußen vor dem Kanzleramt, im grauen Berliner Schmuddelwetter, steht Karin Geißler und rollt ihre Englandfahne ein. „Eine starke Frau“, sagt sie und meint den Besuch aus London. „Dass sie das alles so hingekriegt hat, in dieser Männerwelt.“ Vor wenigen Minuten ist die Queen auf dem Weg zu Merkel im offenen Boot unten auf der Spree vorbeigefahren. „Für mich kommt erst die Queen, dann Frau Merkel.“
Die royale Großmutter ist schon irgendwie – cool
Am Anleger klettert die 89-jährige Monarchin ohne Hilfe aus dem Boot. Weißes Mantelkleid, weißer Hut mit Schleife, schwarze Ledertasche – die perfekte Mischung aus spektakulär und elegant. Am Ufer steht nicht nur der gepanzerte, weinrote Bentley und wartet auf seine Chefin. An der Spree steht auch halb Berlin und reckt den Hals. „Was sie alles noch in ihrem Alter macht“, staunt eine 66-Jährige. Und was die Deutschen alles machen, um die Queen zu sehen! Henriette zum Beispiel: Die Drittklässlerin hat sich extra beurlauben lassen, um jetzt in eine Englandfahne gewickelt auf die Queen zu warten. Dabei ist sie eigentlich Fan von William und Kate – aber die royale Großmutter ist auch irgendwie cool.
„Sie wirkt so lieb“, sagt die 16-jährige Nadine und schaut der kleinen, alten Dame hinterher. Im Garten des Bundespräsidenten steht ein ganzer Trupp Berliner Schüler und sieht ein bisschen traurig aus: Gleich zu Beginn des Besuchstages hat die Militärkapelle „God Save The Queen“ gespielt, die Engländerin hat rüstig und routiniert die Reihen abgeschritten, dann ist sie an der Seite des Bundespräsidenten zu den wartenden Gästen gekommen. Die hielten die Luft an: Wen spricht sie an?
Die Queen besucht Berlin
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Niemanden. Die Queen hat gemacht, was sie noch oft tun wird in diesen Tagen: Wunderbar zart lächeln — und eisern schweigen. Aber egal: „Aufregend“, sagt Emma, und Fouad strahlt: „Für mich ist sie ein großer Mensch!“
Außergewöhnliche Hunde, akkurat gestutze Rasen
Am Nachmittag nimmt die Queen auf den harten Holzsitzen der Technischen Universität (TU) Platz: Neben ihr Bundespräsident Gauck, und auch Angela Merkel, die spontan dazu stößt. Begrüßt wird sie zunächst von den feierlichen Klängen von Händels Feuerwerksmusik, bevor sie erstmals der Vortragsreihe „Queen’s Lecture“ lauscht, die sie Berlin vor einem halben Jahrhundert, bei ihrem ersten Staatsbesuch im Jahr 1965, geschenkt hatte. Festredner ist Neil MacGregor, der hoch gelobte Direktor des „British Museum“ und Gründungsintendant des Humboldtforums im wieder aufgebauten Berliner Schloss.
Mit einer launigen Rede philosophiert der Kulturmanager über „typisch Britisches“. Dazu zähle nicht nur die Liebe zu außergewöhnlichen Hunden wie Terriern oder Greyhounds, sondern auch Geheimagent James Bond und stets akkurat gemähte Rasen. Das stärkste Symbol aber sei die Königin selbst. „The Queen“ ist sogar im Duden verzeichnet. Und dieser definiere ihre Einzigartigkeit: „Es gibt keinen Plural.“
Für Guido Petri war es wie ein „Sechser im Lotto“, ihre Majestät live zu sehen. „Mein Herz klopft immer noch.“
Seine Kommilitonin hatte sogar das Glück, persönlich von der Queen angesprochen zu werden. „Sie fragte uns, woher wir kommen und was wir studieren.“ Ein Lächeln zauberte der Anblick eines kleinen menschenähnlichen TU-Roboters in das Gesicht der Queen. Er versuchte, grobmotorisch ihr typisches Winken nachzuahmen. Es blieb beim Versuch. Die Queen gibt es eben nur einmal.
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