Frankfurt.. Das Erste zeigt Karfreitag, 20.15 Uhr, eine monumentale Filmbiografie über Deutschlands beliebtesten Tierforscher: Ulrich Tukur spielt ihn als Mann mit zwei Gesichtern.

Immer wieder klappert die Schreibmaschine – Symbol des Erinnerns, Symbol eines vergangenen Zeitalters. Dennoch ist der Mensch, der sie benutzt, ist kein Relikt der Vergangenheit. Im Gegenteil: Bernhard Grzimek war seiner Zeit voraus. Deutschlands wohl beliebtester Tierschützer wusste schon früh, dass er seine Ziele am besten mit den Mitteln von Film und Fernsehen erreichen konnte. Doch hinter dem Strahlemann verbarg sich ein schillernder Mensch. Eine monumentale Filmbiografie mit dem schlichten Titel „Grzimek“ zeichnet ein vielschichtiges Psychogramm.

Michael flog in den Tod

Das Ende kommt am Anfang: Grzimeks zweite Ehefrau Erika erlebt ihren Gatten als verbitterten Alten. Im selbstkritischen Rückblick erzählt der Mann, den die Öffentlichkeit als gemütlichen Tieronkel sieht, sein Leben. Nach fast drei Filmstunden schließt sich der Kreis. Was machte aus Tierfreund Dr. Bernhard Grzimek (1909-1987) einen Menschenfeind?

Die Antwort geben Regisseur Roland Suso Richter und Drehbuch-Autor Marco Rossi in einer Schlüsselszene in der Mitte des aufwendigen Bilderbogens. Mitte der 50er hat sich das Verhältnis von Grzimek zu seinem Sohn Michael zum Besseren gewandelt. Aus Vater und Sohn sind ziemlich beste Freunde geworden. Doch beim zweiten Afrika-Film, der mit schönen Bildern zur Rettung wilder Tiere aufrufen will, kommt es zu einem hässlichen Streit. Die ständigen Affären von Vater Grzimek belasten das Verhältnis zu Michael so sehr, dass er sich zu einem Alleinflug entschließt, der mit seinem Tod endet. Ab da ist nichts mehr so, wie es vorher einmal war.

Risse in seiner Ehe

Der Film „Serengeti darf nicht sterben“ wird ein Triumph, Oscar inklusive, doch Grzimeks Frau Hilde macht ihm bittere Vorwürfe wegen Michaels Tod. Die Risse in ihre Ehe sind bald nicht mehr zu kitten.

Die Filmbiografie psychologisiert in gelegentlich gedrechselten Dialogen. Grzimek wird als brillanter Menschenfischer dargestellt. Beruflich erreicht er alles, mit Charme und, wenn nötig, mit Erpressung. Nach dem Krieg setzt der Tierarzt und Verhaltensforscher im Trümmer-Frankfurt die Wiedereröffnung des Zoos durch – trotz seiner Nazi-Vergangenheit. Seine Filme tragen dazu bei, dass in Afrika Reservate für Wildtiere entstehen. Seine TV-Reihe „Ein Platz für Tiere“ wirbt für artgerechte Haltung von Panther, Tiger & Co.

Mehr als "Jenseits von Afrika" auf Deutsch

Das Tierschützer-Epos zeichnet sich dadurch aus, dass es das Publikum nicht vorrangig mit „Jenseits von Afrika“-Optik einlullt. Vielmehr verleihen Bilder hemmungsloser Urwald-Rodung dem Film erschreckende Aktualität.

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Im Privatleben jedoch scheitert Grzimek. Ehe und Vaterpflichten entflieht er oft, zu oft. Seinen dunklen Seiten räumt der Film viel Platz ein. Grzimek – das zeigt die Erzählperspektive – erkannte erst im Rückblick, dass er Nähe nur ertragen konnte, wenn er Menschen benutzte.

Ulrich Tukur weckt für den Mann mit den zwei Gesichtern durchaus Sympathie. Barbara Auer arbeitet bei ihrer Darstellung von Grzimeks Frau Hilde heraus, warum sie an ihrer Ehe zerbricht. Dass Grzimek schließlich Michaels Gattin Erika (Katharina Schüttler) heiratet, ist nur der Schlusspunkt.

Fazit: Psychogramm. Drehbuch gelegentlich gedrechselt, aber viele Schauwerte, starkes Ensemble und verblüffend aktuelle Botschaft.

Karfreitag, 3. April, ARD, 20.15 Uhr