Essen. Als verbrauchsmindernd beworbene Sommerreifen senken laut Stiftung Warentest kaum den Spritbedarf, sind aber teurer und im Test bei Nässe unsicherer.

Meteorologisch betrachtet bricht mit dem März die Sommersaison an, verkehrstechnisch herrscht aber noch bis Ende des Monats Winterreifenwetter – die Endmarke der Faustregel „Winterreifen von Oktober bis Ostern“ stimmt in diesem Kalenderjahr ausnahmsweise. Bevor Millionen Autofahrer in den kommenden Wochen wechseln, haben Stiftung Warentest und die freien Sachverständigen der GTÜ Sommerreifen bewertet.

Das Wundergummi für nasse und trockene Fahrbahn, das den Spritverbrauch senkt und kaum verschleißt, das haben die Entwickler auch im vergangenen Jahr nicht gefunden – ebenso hätten sie auch den heiligen Gral suchen können oder die Zauberformel für die Wandlung von Blei zu Gold. Reifendesign bleibt ein ewiger Kompromiss zwischen verschiedenen gegensätzlichen Anforderungen. Spannend ist immer wieder neu die Frage: Wem gelingt er am besten?

Im Sommer regnet es am meisten

Für Stiftung Warentest ist diesmal der Fall klar: Spritsparreifen, die mit den unterschiedlichsten ökologisch angehauchten Beinamen wie Eco oder Blue angeboten werden, sind ihren Aufpreis nicht wert. Die tatsächliche Verbrauchsminderung ist gering, dagegen der Sicherheitsverlust bei Nässe groß – und Nässe ist das Unfallwetter Nummer eins. Nur zur Erinnerung: Die regenreichsten Monate in Deutschland sind in der Reihenfolge Juni, August, Juli, gefolgt vom Mai. Und das sind auch die Monate, in denen die meisten Unfälle passieren, bei denen Menschen verletzt werden.

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Insgesamt 35 Sommerreifen in zwei populären Größen wurden von den Verbraucherschützern auf die Teststrecke geschickt. Von vier großen „Reifenbäckern“ wurden in der gängigen Größe für Kompaktwagen (185/60 R14 H) zwei Versionen untersucht, eine Eco- und eine Standardmodellvariante waren vertreten. Deutliches Ergebnis: Bei allen Fällen schneiden die Stan­dard­reifen insgesamt viel besser ab.

Eco-Reifen patzen bei Nassbremsprüfung

6 von 19 Eco-Reifen erhielten zwar eine gute Benotung. Sie erfüllen das Versprechen der Spritersparnis kaum und verbrauchen im besten Fall etwas weniger als die „Normalos“. Dabei sind sie in der Regel teurer. „Eco nicht auf Zack“ urteilte die Stiftung Warentest.

Bei der Nassbremsprüfung schnitten nicht nur die Eco-Reifen schlechter ab, sondern auch einige andere Vertreter. Der Unterschied im Bremsweg aus 80 km/h zwischen den besten und dem schlechtesten Kandidaten (Nankang Eco-2 Green Sport) beträgt zwölf Meter. In der Praxis heißt das: In einer Auffahrsituation mit ansonsten identischen Fahrzeugen knallt der Nankang-Fahrer bei einer Vollbremsung dem besser bereiften Piloten mit rund 40 km/h ins Heck.

Der Nankang, nicht einmal der billigste Reifen im Test, erhielt die Note „Mangelhaft“, ebenso wie der Matador Stella 2 MP 16. Abraten muss man nach den Testergebnissen auch vom nur „ausreichenden“ Kumho KH27 Ecowing ES01. Im GTÜ-Test lautete das schlechteste Urteil „bedingt empfehlenswert“ für den Yokohama BluEarth A AE-50 und den Cooper ZEON CS6.

Von Ostern bis Oktober

Mit dem Notenschnitt 2,2 landeten drei 185er-Reifen bei Warentest vorne: Continental ContiPremium Contact 5 (mittlerer Preis pro Reifen ohne Montage und Nebenkosten 65 Euro), Goodyear Efficent Grip Performance (62 Euro) und Nokian Line (58 Euro). Nur ein Zehntel dahinter: Dunlop Sport BluResponse (62 Euro). Gut (Note 2,4) und günstig (54 Euro): Vredestein Sportrac 5.

Vorgaben müssen beachtet werden

Warentest hat zwei Reifengrößen getestet, 185/60 R14 H und 205/55 R16 V). Der Autoclub ACE und die GTÜ untersuchten das Format 205/55 R16. V.

Die erste Zahl dieser Größenangaben gibt die Reifenbreite in Millimeter an, die zweite den Querschnitt in Prozent, also: So dick ist der Reifen im Verhältnis zu seiner Breite. R meint Radialreifen (andere gibt es im Pkw-Bereich nicht mehr), die Zahl dahinter den Felgendurchmesser in Zoll. Der letzte Buchstabe steht für den Geschwindigkeitsindex (H bis 210 km/h, V bis 240 km/h). Außerdem muss der Reifen einen vom Fahrzeuggewicht abhängigen Mindest-Tragfähigkeitsindex erfüllen, eine meist zweistellige Zahl gefolgt vom Buchstaben T.

Alle Angaben finden sich in den Fahrzeugpapieren. Hier gemachte Vorgaben, beispielsweise ein bestimmter Reifentyp, die Verwendung von Schneeketten oder Ähnliches, müssen auch erfüllt werden.

Bei den breiteren Reifen gibt es einen eindeutigen Sieger im Warentest: Michelin Primacy 3 (Note 1,9, 93 Euro). Knapp dahinter ein Quartett: Goodyear Efficent Grip Performance (2,1, 86 Euro), Continental ContiPremium Contact 5 (2,2, 88 Euro), Dunlop Sport BluResponse (2,2, 84 Euro) und Pirelli Cinturato P7 Blue (2,2, 91 Euro). Die vier erhielten auch bei der GTÜ als einzige das Siegel „sehr empfehlenswert“ (der Warentest-Sieger Michelin war hier nicht am Start). Der teure Pirelli schaffte den Spagat aus geringstem Rollwiderstand und besten Eigenschaften bei Nässe.

Preischeck im Internet ist empfehlenswert

Grundsätzlich empfiehlt sich vor dem Kauf ein Preischeck, besonders per Internet, da die Preise stark schwanken können. Dabei sollte natürlich ein Komplettpreis mit Montage und Nebenkosten zum Vergleich herangezogen werden.

Ebenso grundsätzlich taugt der best-getestete Reifen nicht mehr, wenn es an Profil mangelt. Bei der gesetzlich zulässigen Untergrenze von 1,6 Millimetern gerät auch der beste Reifen bei Nässe ins Schwimmen – und das nicht nur, aber vor allem von Ostern bis Oktober.