Friedrichshafen. Die Trends für den deutschen Fahrradmarkt wurden auf der Fachmesse Eurobike in Friedrichshafen präsentiert. Für Aufsehen sorgten vor allem die so genannten Fatbikes mit bis zu zwölf Zentimeter breiten Reifen, aber auch Fahrräder mit elektrischem Zusatzantrieb und integriertem Bordcomputer.
Ein Fahrrad ist ein Fahrrad, ist ein Fahrrad – von wegen. Etwa 71 Millionen muskelbetriebener Zweiräder parken derzeit in deutschen Garagen und Kellern, zwei Milliarden Euro Umsatz jährlich erwirtschaftet die Branche, 3,75 Millionen Räder finden alle zwölf Monate einen neuen Besitzer. Und die kaufen sich ihr neues Velo immer weniger, um damit schlicht von A nach B zu fahren.
Viele wollen heute im Sattel Lebensgefühl ausdrücken, Gesundheitsbewusstsein, Individualität oder einfach nur verkehrspolitische Vernunft, wenn sie in Städten mehr und mehr schmal unterwegs sind und dem oft stockenden Autoverkehr ein Schnippchen schlagen oder am Samstag auf den Markt rollen. Das Fahrrad als schlichter Gebrauchsgegenstand hat weitgehend ausgedient. Es gibt immer mehr Zweiräder für fast jeden Zweck und jedes Lebensgefühl. Zu sehen war das junge Rad auf der weltgrößten Fahrradmesse Eurobike in Friedrichshafen.
Rennräder werden bequemer
Natürlich lebt auch 2014 der klassische Rennradler oder Mountainbiker noch. Es gibt noch die Typen, die ihre Sattelarbeit erst dann angenehm finden, wenn es ihnen dabei fast die Herzklappe zerlegt. Die Trends gehen aber selbst in diesem Bereich in eine andere Richtung. Klassische Rennräder sollen neuerdings bequemer werden, ein Ausdruck, der vor allem männliche Puristen nach wie vor entsetzt.
Für vernünftige Menschen heißt das konkret etwas breitere Reifen und eine Rahmengeometrie, die eine angenehmere Sitzposition ermöglicht. Die Entwicklung ist aber kein Selbstzweck, sondern auch eine Reaktion darauf, dass die Zahl der Rennradler, die Strecken über 200 Kilometer am Tag fahren wollen, stetig zunimmt.
Manchmal reicht es aber auch, wenn ein Radel einfach nur Spaß macht. Ganz dick im Geschäft sind sogenannte Fatbikes. Das sind Fahrräder mit bis zu zwölf Zentimeter breiten Reifen, mit denen man auf Geröll, Schlamm, Schnee oder sogar Sand fahren kann. Alles Untergründe, die man in Städten eher selten findet, was den trendbewussten, urbanen Menschen aber nicht hindern wird, künftig damit durch die Innenstädte zu flanieren. Das Fatbike wird der Jeep auf zwei Rädern. Natürlich wird es auch Menschen geben, die tatsächlich extrabreit drei Wochen durch die Tundra touren. Aber dieser Markt ist zu klein und manche der Gelände-Esel deshalb auch entsprechend peppig aufgemacht. Edles Design, auffällige Farben, dreckuntaugliche Accessoires wie Ledergriffe. Man spürt die eigentliche Zielgruppe, und natürlich gibt es auch diese Räder bereits mit elektrischer Hilfe, was sich bei einem Grundgewicht von bis zu 20 Kilo auch anbietet.
Den Pedelecs gehört die Zukunft
Überhaupt bleibt der ganz große Trend weiter die Tritthilfe per elektrischem Zusatzantrieb. Den Pedelecs, die die Muskelarbeit des Fahrers verstärken, gehört die Zukunft. Einfaches und schweißreduziertes Radeln ist hip. Das Pedelec wird zur urbanen und individuellen Duftmarke, für die man gerne mal den Gegenwert eines halben Kleinwagens investiert, wobei der Schnitt mit etwa 2000 Euro darunter liegt. Im Moment fährt zwar nur etwa jedes zehnte Rad mit elektrischen Rückenwind, Claus Fleischer, der Leiter von Bosch eBike Systems, rechnet aber schon für die nahe Zukunft mit rund einem Drittel Marktanteil für E-Bikes. „Und auch 50 Prozent sind später möglich“, sagt der Chef des Marktführers. Der deutsche Radhersteller Riese & Müller, bekannt für gefederte Stadt- und Reiseräder, bietet seine Räder überhaupt nur noch mit Motor an.
Und die Antriebe können auch immer mehr. Das Motto hier könnte heißen: Der Radler lenkt, der Motor denkt. So kann man sich zum Beispiel bei Kalkhoff ein Alltagsrad ordern, das den Puls des Fahrers in die Zusatzleistung des Motors einrechnet. Dazu stellt der Radler seinen am besten von einem Arzt oder auch nach einer Tabelle ermittelten Grundlagenpuls ein, und der Motor reguliert sich so, dass der Fahrer in seinem Pulsbereich optimal unterwegs ist. So wird das E-Bike zum medizinischen Fitnesstrainer.
Das E-Bike als Fitnesstrainer
Bei Bosch, die erst seit vier Jahren mit ihrem Mittelmotorkonzept in der Szene präsent sind und bereits 40 Prozent Marktanteil haben, brauchen die Radler künftig solide EDV-Kenntnisse. Bosch bringt einen mit dem Motor verbundenen Bordcomputer auf den Markt, mit dem das Pedelec sozusagen gläsern wird. Das System dient neben den üblichen Radcomputer-Funktionen als Navigationssystem und als Fitnesstrainer. Zudem kann man sich via Smartphone oder von zu Hause mit einem Online-Portal vernetzen. Dort man kann dann alle möglichen Daten sammeln und Routen auswerten. Und dann ab damit ins soziale Netzwerk.