Flugzeugkatastrophe von Madrid soll durch Fahrlässigkeit verursacht worden sein.Vorwurf: Technisches Personal hat bei der Wartung den entscheidenden Fehler übersehen
Madrid. Knapp zwei Monate nach der Flugzeugkatastrophe von Madrid hat ein spanischer Untersuchungsrichter erste Beschuldigungen erhoben. Der Ermittler wirft zwei Mechanikern und ihrem Chef vor, den Absturz der Spanair-Maschine am 20. August möglicherweise durch Fahrlässigkeit verursacht zu haben. Bei dem Unglück der Passagiermaschine, die vom Madrider Airport Richtung Gran Canaria abheben sollte und kurz hinter der Startpiste explodierte, starben 154 Menschen, darunter auch eine vierköpfige Urlauberfamilie aus Deutschland. Nur 18 Menschen konnten aus dem Flammeninferno lebend gerettet werden. Mit seinen Vorwürfen gegenüber den drei Wartungstechnikern, die nun als Beschuldigte verhört werden, geht der Richter erheblich weiter als jener vorläufige Ursachenbericht, den eine staatliche Kommission jüngst veröffentlichte.
Darin waren für die Luftfahrtkatastrophe beim Startmanöver zwei verhängnisvolle technische Pannen verantwortlich gemacht worden: Die Startklappen der Passagiermaschine vom Typ MD-82 waren nicht korrekt ausgefahren. Und ein Warnsystem, das die Piloten normalerweise auf diesen gefährlichen Fehler aufmerksam machen soll, funktionierte nicht.
Auf den Verdacht von Schlampereien bei der Flugzeugwartung war die Kommission der Flugaufsichtsbehörde freilich nicht eingegangen. Was dem Untersuchungsrichter Juan Javier Perez offenbar nicht gefiel. Denn der Richter berief nun eine eigene Kommission, welchen den Ursachen des Unglücks und möglichem menschlichen Versagen auf den Grund gehen soll. In den USA läuft zudem vor einem Gericht in Chicago ein weiteres Strafverfahren, in dem die Verantwortung des Flugzeugkonzerns Boeing geprüft wird. Die abgestürzte MD-82 wurde von dem Hersteller McDonnell Douglas gebaut, der zu Boeing gehört.
Den beiden Flugzeug-Mechanikern und dem Spanair-Wartungschef wird angelastet, eventuell den Defekt des Startklappen-Alarmsystems übersehen zu haben. Die Spanair-Maschine musste kurz vor dem Start auf dem Madrider Flughafen gewartet werden, nachdem die Piloten festgestellt hatten, dass ein Außenthermometer nicht funktionierte. Doch statt einer Reparatur schalteten die Mechaniker den Temperaturfühler einfach ab, indem sie eine Sicherung entfernten. Vielleicht setzten sie damit auch das Alarmsystem für die Startklappen außer Betrieb. Zudem soll die Maschine bereits Tage vor dem Absturz Probleme mit den Starthilfen gehabt haben.
Wenn sich der Verdacht gegen die Mechaniker erhärtet und sie angeklagt werden, könnten sie wegen fahrlässiger Tötung und Körperverletzung verurteilt werden. Nach dem schlimmsten Luftfahrtunglück in den letzten 25 Jahren in Spanien war auch die spanische Flugaufsicht von Experten beschuldigt worden, Hinweisen auf Startklappen-Probleme beim Flugzeugtyp MD nicht ausreichend nachgegangen zu sein.
Auch hatte es scharfe Kritik am Rettungseinsatz auf dem Madrider Flughafen gegeben, der unkoordiniert und mit Verspätung angelaufen sein soll.