Alba. . Michele Ferrero machte Kinder-Schokolade, Überraschungseier und Hanuta zu Weltmarken. Der italienische Milliardär ist mit 89 Jahren gestorben.
Eine ganze Stadt trauert. Und das ist nicht übertrieben. „Wir verdanken ihm alles”, sagt der Bürgermeister des piemontesischen Alba. Und nun ist er tot: Michele Ferrero. Erfinder ebenso wie exzellenter Vermarkter von Süßwarenklassikern mit Weltberühmtheit: Nutella, Mon Chéri, „kinder”-Schokolade und die ganze „kinder“-Palette drumherum, Hanuta, Tic Tac, Duplo, Ü-Eier, Ferrero-Rocher und –Küsschen, Raffaello und so weiter und so fort.
Mit 89 Jahren ist Michele Ferrero am Samstag in Montecarlo gestorben. Bis er krank wurde vor einigen Wochen, so hieß es, sei er täglich in seiner Stammfabrik aufgetaucht – auch als Ideengeber und als Tester für neue Produkte, wie immer schon seit 1949, seit er das winzige Süßwarengeschäft seines Vaters übernahm. In welchen Dimensionen er damals schon dachte, wird daran deutlich, dass er bereits 1956 ein Werk in Deutschland gründete, im hessischen Stadtallendorf. „Wenn wir in Europa niemand sind,” sagte er damals schon, „sind wir auf dem italienischen Markt auch niemand“.
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Nur aus eigener Kraft gewachsen
Ferrero hat praktisch nie andere Firmen übernommen, sondern ist immer aus eigenen Kräften gewachsen. Heute zählt der Konzern an die 34 000 Beschäftigte in aller Welt. An zwanzig Stätten wird produziert; Neuzugang ist China. Der letzte bekannt gewordene Jahresumsatz lag bei 8,1 Milliarden Euro; allein Nutella (Hauptkunde: Deutschland) trägt ein Viertel dazu bei. 800 Millionen Euro haben die Eigentümer an Dividende einkassiert – im Vorjahr waren es nur halb so viel. Die Eigentümer: das ist nach wie vor die Familie Ferrero, Italiens reichste. Auf 26,5 Milliarden Euro beziffert „Forbes” allein das Vermögen des jetzt gestorbenen Patriarchen. Die Holding sitzt, wen wundert’s, in Luxemburg. Auch gesparte Steuern machen schließlich reich.
Daheim in Alba und in Stadtallendorf gilt Ferrero als Modell-Unternehmen auch in sozialer Hinsicht. In Italien, wo Ferrero mit seinen eng zusammenhaltenden Beschäftigten als „Stadt in der Stadt“ gilt, gewährt es seinen Mitarbeitern einen besseren Mutter- und Elternschutz. Es gibt – eine italienische Rarität – Arbeitszeit-Konten und -Flexibilität, Hilfe bei medizinischer Behandlung, Studienbeihilfen für Kinder von Werksangehörigen und einen Produktivitäts-Zuschlag auf das Gehalt, wie er sonst nur bei Ferrari gezahlt wird. In Indien, in Kamerun und in Südafrika hat Ferrero auch „Soziale Werke“ gegründet, wo zwar zu Wettbewerbsbedingungen industriell produziert wird, gleichzeitig aber in die Bildung von Kindern investiert.
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Die Familie schweigt
Wie Patriarch Michele zeit seines Lebens, so hält sich die gesamte Familie Ferrero lieber im Hintergrund. Kungeleien mit der Politik oder der Finanzwelt sind nicht bekannt geworden, Interviews oder gar Bilanzpressekonferenzen gibt es nicht. Nur einmal, vor vier Jahren, als Micheles Sohn Pietro mit 48 Jahren beim Radfahren in Südafrika einem Herzinfarkt erlag, öffneten sich die Tore ein wenig – aber nur zur Bekräftigung: Wir machen in der Familie weiter, wir geben das Unternehmen nicht in fremde Hände. Und Manager blieb ein Ferrero: Micheles zweiter Sohn, Giovanni, demnächst 51 Jahre alt.