Berlin. Sie sitzen zu lange und bewegen sich zu wenig: Viele Deutsche sind ihren Kindern kein gutes Vorbild. Doch die kopieren das Verhalten der Älteren.
Am Schreibtisch, beim Online-Shoppen und vor allem vor dem Fernseher: Die Deutschen verbringen nach Einschätzung von Experten zu viel Zeit im Sitzen - im Mittel mehr als sieben Stunden an Werktagen. Das geht aus dem neuen Gesundheitsreport der Deutschen Krankenversicherung (DKV) hervor. "Das dauerhafte Sitzen hat weitreichende Folgen für den Fett- und Blutzuckerstoffwechsel und macht die Menschen krank", sagte DKV-Vorstand Clemens Muth. Er nannte die Deutschen "ein Volk der Sitzenbleiber".
Zudem bewegt sich laut der Studie nur die Hälfte der Menschen ausreichend. Dauersitzen gilt neben Bewegungsmangel als eigenständiges Gesundheitsrisiko: Es lasse sich nicht vollständig durch Sport kompensieren, sagte Professor Gerhard Huber vom Institut für Sport und Sportwissenschaft der Universität Heidelberg der Deutschen Presse-Agentur. Nach seinen Worten steigt das Gesundheitsrisiko ab acht Stunden Sitzen pro Tag deutlich an. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt für Erwachsene pro Woche mindestens 150 Minuten moderate oder 75 Minuten intensive körperliche Arbeit.
Die private Kasse hatte 2014 mehr als 3000 Deutsche zu ihrem Gesundheitsverhalten befragen lassen. Dabei wurde auch gezielt analysiert, wie lange, an welchen Orten und aus welchen Gründen Teilnehmer sitzen. Untersucht wurden die Teilnehmer nicht. Die Ergebnisse sind den Angaben zufolge repräsentativ. Zusätzlich wurden rund 300 Eltern zur Mediennutzung und zum Verhalten ihrer 6- bis 12-jährigen Kinder befragt.
Die Unvernünftigsten sind die Berliner
Stillsitzen und Bewegungsmangel sind der Studie zufolge bereits bei den Jüngsten an der Tagesordnung: Nur bei einem Viertel der Kinder bleibt die tägliche Zeit vor dem Bildschirm unter der empfohlenen Dauer von einer Stunde. Einen eigenen Fernseher im Kinderzimmer hatten in der Umfrage mehr als 70 Prozent von ihnen, die Hälfte verfügt über einen Internetzugang. Sie kopierten den ungesunden Lebensstil ihrer Eltern, sagte Muth.
Insgesamt schneidet bei dem Report nur ein kleiner Teil der Deutschen wirklich gut ab: Bei Ernährung, Bewegung, Umgang mit Stress, Alkohol und Rauchen konnten nur elf Prozent der Befragten die Kriterien der DKV erfüllen. Im Bundesvergleich verhalten sich die Berliner den Angaben zufolge am wenigsten gesundheitsbewusst: Sie sitzen am längsten, zudem rauchen und trinken sie relativ viel. Am gesündesten lebten Menschen in Mecklenburg-Vorpommern.
Dem Bewegungsmangel vorbeugen - was kann man tun?
Um Bewegungsmangel vorzubeugen empfiehlt die Weltgesundheitsorganisation (WHO) Erwachsenen pro Woche mindestens 150 Minuten moderat oder 75 Minuten intensiv körperlich zu arbeiten. Die Bewegung kann auf mehrere Tage verteilt werden, sollte aber je nicht kürzer als zehn Minuten dauern.
Bei Kindern zwischen 6 und 12 liegen die Werte deutlich höher: Die WHO empfiehlt mindestens 60 Minuten moderater bis intensiver körperlicher Aktivität an jedem Tag. Drei Stunden und mehr täglich empfiehlt Ulrich Fegeler vom Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte.
Beim Dauersitzen steige das Risiko ab einer durchschnittlichen Sitzdauer von acht Stunden pro Tag deutlich an, sagt der Sportmediziner Gerhard Huber von der Uni Heidelberg. Lange Sitzzeiten sollten vermieden, unterbrochen und durch aktive Bewegung kompensiert werden. (dpa)