Stockholm. Edward Snowdens Vater nimmt stellvertretend für ihn den alternativen Nobelpreises entgegen. Im Interview erzählt er, warum er Deutschland dankbar ist.

Sein Sohn kann nicht kommen. Deshalb hat Edward Snowdens Vater Lonnie (54) am Montag stellvertretend an der Verleihung des Alternativen Nobelpreises in Stockholm teilgenommen. Diese Zeitung hat mit ihm gesprochen.

Wie geht es ihrem Sohn Edward Snowden derzeit in Moskau?

Lonnie Snowden: Ed geht es ausgezeichnet in Russland, ich hab’ ihn gesehen, darf aber nicht sagen, wo er sich dort genau befindet. Er hat ein gutes, stützendes soziales Umfeld um sich herum. Er war schon immer so dünn (lacht). Das ist er, weil er fit ist.

Würde er gern heimkommen?

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Snowden: Ja, er würde unheimlich gern wieder nach Hause kommen und seine Reisefreiheit zurückerlangen. Bei uns in den USA wird er aber bedroht, verfolgt und verurteilt. Und daran wird sich unter den derzeitigen Bedingungen in Washington leider erstmal nichts ändern.

Hat er noch mehr Geheimnisse, von denen die Welt bald erfahren wird?

Snowden: Er hat sein Material an verantwortungsbewusste Journalisten abgegeben. Er selbst hat keinen Zugang mehr dazu. Diese Journalisten sagen, dass es sehr komplizierte Sachverhalte darin gibt und angekündigt, dass noch mehr Geschichten kommen.

Sind sie enttäuscht darüber, dass Deutschland ihrem Sohn kein Asyl geben möchte, obwohl er ja aufdeckte, dass Bundeskanzlerin Angela Merkels Mobiltelefon abgehört wurde?

Snowden: Nein, ich bin den Deutschen sehr dankbar für deren riesige Unterstützung. Als Exil ist Russland derzeit ohnehin der sicherste Ort für meinen Sohn.

Putins Russland als Exil – wird das nicht immer problematischer für Ihren Sohn, mit Blick etwa auf den Ukrainekonflikt?

Snowden: Russland war nicht eingeplant. Er strandete dort, weil die USA seinen Reisepass ungültig gemacht hatten als er 2013 aus Hongkong kam. Ich entschuldige mich da bei niemandem. Als Eds Vater bin ich dem russischen Volk sehr dankbar, dass es meinen Sohn aufgenommen hat, und ich bin auch der dortigen Regierung extrem dankbar, dass sie meinen Sohn Asyl gewährt hat.

Wie sehen sie sein Vorgehen? Kurz nach seiner Flucht flehten Sie ihren Sohn auf (dem TV-Sender) Fox News an, nicht noch mehr US-Geheimnisse preiszugeben.

Snowden: Von jenem Fox-Interview distanziere ich mich heute sehr. Sie müssen verstehen, ich habe 30 Jahre als Militäroffizier bei der Küstenwache gedient und bin meinem Land gegenüber stets loyal gewesen. Ich hatte Angst, dass man Edward des Hochverrats anschuldigt. Aber als ich verstanden habe, was mein Sohn da der Öffentlichkeit enthüllt hat, merkte ich, dass es richtig war. Er hat sehr ehrenwert gehandelt. Er versucht ja, mit seinen Handlungen die Verfassung, die Grundrechte der Bürger der USA zu verteidigen.

Hat er amerikanische Bürger durch seine Enthüllungen gefährdet?

Snowden: Nein, er war sehr vorsichtig damit, niemanden zu gefährden. Diese Behauptungen, er habe Leben gefährdet, sind Propaganda, um meinen Sohn schlecht zu machen und damit von dem abzulenken, was er aufgedeckt hat.