Essen. Tonnenweise belasten Feinstaub und Mikroplastik aus Reifenabrieben die Städte. NRW-Verkehrsminister Krischer sieht das Problem als dringlich.
Die größte Quelle von Mikroplastik in Deutschland ist der Abrieb von Autoreifen, der als Feinstaub in den Straßenschluchten aufgewirbelt wird. Das ergaben Studien des Fraunhofer Instituts Umsicht in Oberhausen. Die Gefahr: Einige Partikel sind so winzig, dass sie von Kindern und Erwachsenen eingeatmet werden können. Messungen von Mikroplastik in der Luft gibt es bislang ebenso wenig wie Grenzwerte.
Aktuelle Hochrechnungen des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) aber zeigen: Entlang der Verkehrsadern in Nordrhein-Westfalen sind die Menschen von Feinstaub und damit mutmaßlich auch von Mikroplastik-Belastungen betroffen. Bis zu über 30 Tonnen Feinstaub entstehen in den Großstädten an Rhein und Ruhr. Was sagt NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne) dazu?
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„In den vergangenen Jahrzehnten konnten vielfältige technische Maßnahmen an den Fahrzeugen die Emissionen aus dem Auspuff deutlich senken. Mit der weiteren Verbreitung der Elektromobilität anstelle des Verbrenners werden diese in Summe immer weiter sinken und langfristig auf Dauer gegen Null gehen“, sagte Krischer dieser Redaktion. Er schränkte jedoch ein: „Vom Antrieb unabhängig gibt es problematische Emissionen durch Abrieb von Reifen und Bremsen, die weiter reduziert werden können und müssen.“
Vor wenigen Wochen erst hatte Krischer die Verbesserung der Luftqualität in NRW als „Erfolgsgeschichte in der Umweltpolitik“ bezeichnet. Ende der 1960-er Jahre seien in der Rhein-Ruhr-Region im Jahresdurchschnitt noch 200 Mikrogramm Feinstaub pro Kubikmeter Luft gemessen, worden, heute werde der Grenzwert von 40 Mikrogramm überall in NRW deutlich unterschritten.

Laut NRW-Umweltministerium müssten für eine Verminderung der Luftbelastung der Verkehrsfluss weiter optimiert, der Verkehr in weniger sensible Bereiche verteilt und insgesamt mehr ÖPNV sowie Fuß- und Radverkehr genutzt werden, „Wir führen wie auch schon in der Vergangenheit viele Gespräche mit den Bezirksregierungen und den betroffenen Kommunen, um lokal wirksame Maßnahmen zur Luftreinhaltung zu entwickeln und umzusetzen“, sagte Krischer. „Ziel ist es, die Luftqualität immer weiter zu verbessern. Die Mobilitätswende zahlt auch auf dieses Ziel ein.“
Ministerium: Städte können das nicht allein bewältigen
Das Umweltministerium sieht die Dringlichkeit des Thema. Einatembare Mikroplastikpartikel mit einem aerodynamischen Durchmesser von weniger als 10 Mikrometer in der Umgebungsluft könnten sich negativ auf die Gesundheit auswirken, teilte das Ministerium auf Anfrage mit. Das Bundes-Immissionsschutzgesetz enthalte Grenzwerte für Feinstaub zum Schutz der menschlichen Gesundheit, die in NRW seit vielen Jahren eingehalten würden. Der Begriff Feinstaub umfasse dabei auch Mikroplastikpartikel, die aber nicht gesondert erfasst würden. Mit der neuen EU-Luftqualitätsrichtline würden die Grenzwerte ab dem Jahr 2030 verschärft.
Die Belastungen könnten jedoch nicht von den Städten oder Kommunen allein bewältigt werden, so das Ministerium. Erforderlich seien auch Anstrengungen auf der europäischen und der nationalen Ebene. Die Emissionen des Verkehrs stammten aus Fahrzeugteilen wie Autoreifen, Bremsen oder Getriebe. Dies seien Produkte, die europäischen Regelungen unterliegen würden.
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Hintergrund ist das Inkrafttreten der neuen EU-Abgasnorm Euro 7, die ab Ende 2026 für Pkw verbindlich ist. Darin enthalten ist erstmals eine Regulierung des Reifenabriebs sowie Grenzwerte für Bremsabrieb . Es bleibe abzuwarten, wie sich Entscheidungen der EU auf Emissionsminderung auswirkten und wie und wann diese umsetzbar seien, so das Ministerium.