Hannover. Nach dem Selbstmord des Nationaltorwarts Robert Enke auf einer Bahnstrecke bei Hannover herrscht große Trauer. An der Geschäftsstelle von Hannover 96 versammelten sich Fans. Sie legten Blumen nieder und zündeten Kerzen an. Die deutsche Fußballwelt reagiert schockiert auf den Tod.

Schweigend und geschockt trauern am Dienstagabend am Bahnhof von Eilvese zwei Dutzend Fans von Hannover 96 um den jäh aus dem Leben gerissenen Nationaltorwart Robert Enke. An ein Geländer haben sie ihre Schals gebunden und davor 30 Kerzen aufgestellt. Ins Gras haben sie ein 96-Trikot mit einer roten Rose darauf gelegt.

Schlange vor dem Kondolenzbuch

Die Nachricht vom Tod des beliebten Sportlers verbreitete sich wie ein Lauffeuer. In der niedersächsischen Landeshauptstadt Hannover dauert es nicht lange, bis sich die ersten Fans an der Vereins-Geschäftstelle von Hannover 96 am Stadion einfinden. Bedrückend still ist es an der spontan aufgebauten Gedenkstätte, geredet wird kaum. Vor einem Kondolenzbuch reiht sich eine gut 50 Meter lange Menschenschlange.

Rund fünfhundert Meter nördlich des Haltespunktes Neustadt-Eilvese hat sich wenige Stunden zuvor der 32-jährige Nationaltorhüter das Leben genommen. Nach Angaben der hannoverschen Polizei wurde er um 18.25 Uhr von einem aus Bremen kommenden Regionalexpress erfasst. Der 42-jährige Lokführer habe im Scheinwerferlicht des Zuges noch eine Person im Gleis erkannt und eine Notbremsung eingeleitet, sagt Polizeisprecher Stefan Wittke. Doch durch den 1 600-Einwohner-Ort Eilvese fuhr der RE 4427 mit einer Geschwindigkeit von 160 Stundenkilometern. Fahrplanmäßig sollte er erst im fünf Kilometer entfernten Neustadt am Rübenberge halten.

"Er war ein Idol"

Etwas abseits von der Geschäftsstelle erzählt ein Fan, welch großes «Idol» und «Vorbild» Robert Enke für ihn und die anderen Fans von Hannover 96 gewesen sei. Enke habe - anders als die meisten anderen Fußballprofis in der Bundesliga - «Gefühle gezeigt», sagt er und meinte dabei vor allem das Jahr 2006: Da war Lara, die Tochter von Robert Enke und seiner Ehefrau Teresa, an einem schweren Herzfehler gestorben. Erst in diesem Frühjahr adoptierte das Paar dann Tochter Leila.

Enkes Tod erschüttert nicht nur die Fans von Hannover 96, sondern die gesamte deutsche Fußballwelt. «Wir sind fassungslos und voller Trauer», sagte DFB-Präsident Theo Zwanziger. «Wir sind alle geschockt, uns fehlen die Worte», ergänzte Nationalmannschaftsmanager Oliver Bierhoff in Bonn, wo sich am Dienstagnachmittag die deutsche Mannschaft getroffen hatte, um sich auf die Testspiele gegen Chile und die Elfenbeinküste vorzubereiten.

Der achtmalige Nationalspieler Enke war dazu nicht eingeladen worden. Neun Wochen lang hatte der 32-Jährige wegen einer hartnäckigen Magen-Darm-Infektion pausieren müssen und deshalb etliche Bundesliga- und Länderspiele verpasst. In dieser Zeit verlor er seinen sicher geglaubten Stammplatz im Tor der deutschen Nationalmannschaft bei der Fußball-Weltmeisterschaft 2010 in Südafrika.

Gefasster Eindruck nach außen

Trotz der privaten und sportlichen Rückschläge machte Enke nach außen stets einen starken Ausdruck. Noch am Dienstagabend hing am Fenster des 96-Fanshops am Stadion ein großes Poster, wo Enke zusammen mit zwei Mitspielern breitbeinig und mit entschlossenem Gesichtsausdruck posiert - die Hände fest in die Hüften gestützt. Doch offenbar erahnten manche Fans, dass er in Wahrheit so gefestigt nicht war. «Er war instabil», sagt ein weiblicher Fan beim Gedenken vor dem Stadion in Hannover. (mit AP/ddp)