Essen. Mediziner warnen, sich angesichts der Schweinegrippe im diesen Mittwoch startenden Karneval diesmal zu nahe zu kommen. Düsseldorfs CC-Präsident Engelbert Oxenfort mahnt, auf manches "Bützchen" zu verzichten. Auch Oberhausens Narren plädieren für Zurückhaltung beim Küsschen geben.
Für Viren wird die diesjährige Karnevalssession ein Fest, da sind sich Experten sicher. "Grundsätzlich gilt: Je enger der Kontakt, desto höher das Risiko einer Ansteckung", sagt ein Sprecher des NRW-Gesundheitsministeriums auf Anfrage. Beim Landesinstitut für Arbeit und Gesundheit (Liga) NRW erklärte ein Sprecher: "Menschenmassen und enger Körperkontakt machen es dem Virus natürlich sehr leicht, sich schnell zu verbreiten". Und Prof. Herbert Pfister, Leiter des Instituts für Virologie an der Uniklinik Köln, riet gar kurz vor dem Start in die Karnevals-Session an diesem Mittwoch: "Man wäre eigentlich gut beraten, wenn man in diesen Zeiten solche Massenveranstaltungen meidet."
"Die Neue Grippe ist natürlich ein Thema"
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Die Schweinegrippe - Reale Gefahr oder Panikmache?
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Zehntausende werden an diesem Mittwoch, dem 11.11., besonders in den rheinischen Karnevals-Hochburgen Düsseldorf und Köln ab 11:11 Uhr den Start in die Session feiern - im Pulk, schunkelnd und Küsschen verteilend. Dass sich nennenswert viele Narren davon abhalten ließen, wird in den Chefetagen des organisierten Frohsinns vorerst nicht erwartet: "Die Neue Grippe ist natürlich ein Thema", sagt Sigrid Krebs, Sprecherin des Kölner Festkomitees. Wie schon in den Vorjahren aber seien viele Karnevals-Sitzungen "längst ausverkauft".
In Düsseldorf hat unterdessen Thomas P. Ledwon Konsequenzen gezogen und einen Teil des "Hoppeditzlaufs", der am kommenden Samstag erstmals in der Stadt starten soll, gestrichen: "Den 'Bützchen-Lauf' wird es nicht geben", sagt Ledwon. Dabei hätten die Teilnehmer 1111 Meter Strecke hinter sich bringen müssen. "Sieger wäre geworden, wer die meisten Kussabdrücke auf der Wange hat. Oder woanders."
Impfung wirkt erst nach 14 Tagen
Wer sich diesmal ins Getümmel stürzt, sollte sich mit der Schweinegrippe auseinandersetzen "und sich impfen lassen", rät Michael Bergmann, Sprecher der Düsseldorfer Stadtverwaltung. Allerdings: "Die Impfung braucht 14 Tage bis sie wirkt"; wer sich jetzt die Spritze gibt, ist zu Hoppeditz Erwachen also noch ungeschützt.
Ohnehin rät Engelbert Oxenfort, Präsident des Düsseldorfer Comitee Carneval, "man sollte mit der Bützerei diesmal vorsichtiger sein". Oxenfort jedenfalls hat sich vorgenommen, diesmal seine persönlichen Abwehrkräfte zu intensivieren: "Man muss ja nicht jedem zur Begrüßung um den Hals fallen". Er wolle sich sogar mit dem Hand-Geben zurückhalten. "Man kann es ja auch wie der Papst machen und einfach in die Menge winken".
Angst vor einem Veranstaltungs-Verbot
Sorgen macht sich unterdessen Bodo Malsch, Präsident des Hauptauschusses des Duisburger Karnevals: "Dass irgendwelche Behörden Karnevalsveranstaltungen verbieten könnten - das wäre für viele Vereine eine Katastrophe." Das Hoppeditz Erwachen auf der Duisburger Königstraße am kommenden Samstag, 14. November, werde jedenfalls mit großem Tamtam gefeiert; 1200 Aktive von 26 Duisburger Karnevalsgesellschaften laufen auf. Über ein Verbot macht man sich in Köln derzeit keine Gedanken, sagt Festkomitee-Sprecherin Sigrid Krebs: "Wenn es in diesem Winter Versammlungsverbote gibt, wäre doch das gesamte öffentliche Leben betroffen. Da ist der Karnevals das geringste Problem."
Die Verlegung und Absage von närrischen Veranstaltungen ist in Oberhausen kein Thema. Doch auch hier ruft der Hauptausschuss der Narretei zur Sparsamkeit mit der traditionellen Herzlichkeit auf. Präsident Heiner Dehorn: „Wir hoffen, dass die Schweinegrippe nicht zu sehr stört.“ Das fleißige Verteilen der Bützchen soll nach Empfehlung des Dachverbandes aller Oberhausener Gesellschaften eingeschränkt werden.
Im Gesundheitsministerium in Düsseldorf zählt man unterdessen 8000 Schweinegrippe-Fälle in NRW. Mit Blick auf die anstehende Frohsinns-Saison verweist Sprecher Stephan Pohlkamp auf die allgemeinen Hygiene-Empfehlungen des Ministeriums und die "Einfachen Regeln gegen das Ansteckungsrisiko" - neben den Hinweisen "häufig Hände waschen" und "Das Berühren von Augen, Nase und Mund vermeiden" gibt man auch den Ratschlag: "Menschenansammlungen meiden". Dass sich ein Bestandteil des Karnevals-Treibens selbst als bester Schutz vor einer Ansteckung erweist, kann Pohlmann unterdessen nicht bestätigen: "Es ist nicht empfehlenswert, Alkohol in einer Konzentration zu trinken, die Bakterien abtötet."