Den Grünen fehlt eine Machtperspektive: Ihr jetziges Wahlprogramm können sie letztlich nur mit den Linken umsetzen - ansonsten gibt es bei der Koalitionsfrage nur Denkblockaden.
Es war eine verdammt teure Yoga-Stunde. Entspannt und harmonisch lief der Grünen-Parteitag über die Bühne; alle Reizbarkeiten der letzten Tage fielen von den Grünen ab. Nur: Die Ruhe hatte ihren Preis. Die Basis setzte Positionen durch, die teuer, unrealistisch sind: Keine Praxisgebühren, keine Medikamenten-Zuzahlungen, auch keine Anrechnung des Partnereinkommens bei ALG II, dazu ein Mindestlohn von 7,50 Euro. Mehr als der Wahlaufruf machen solche Forderungen deutlich, wohin die Reise geht - nur mit den Lafontaines wären sie umsetzbar - und dass Cem Özdemir und Co. die Führung entgleitet. In all diesen Punkten hat sich Basis durchgesetzt.
Keine Machtperspektive - keine Existenzsorgen
Eine Machtperspektive haben die Grünen nicht. Sie sind auf sich allein gestellt und für Wechselwähler nicht attraktiv genug. Existenzsorgen müssen sie nicht haben. Ihr Kernprojekt, die ökologische Modernisierung, ist allzu eingängig. Energiespar- und Effizienztechnologien sind längst auch von der Wirtschaft und der politischen Konkurrenz als der Wachstumsmarkt ausgemacht worden. Die Grünen schwimmen mit, nicht gegen den Strom.
Auch wenn alle vom Klima reden, so sind die Grünen da verlässlicher, konsequenter. Das ist ihre Existenzberechtigung. Was passiert, wenn man die Volksparteien sich selbst überlässt, zeigt das Beispiel Abwrackprämie. Sie hat Vorteile. Nachhaltigkeit gehört nicht dazu.
Der Ernstfall der Politik ist das Regieren, das Gestalten. Dazu brauchen die Grünen Partner. Am Ende der programmatischen Positionsbestimmung kommt man immer zur gleichen Frage: Mit wem? Und da, genau da, setzt die Denkblockade ein. Für die Union sind sie nicht die erste Wahl. Die SPD allein bietet keine Machtperspektive. Nach der Wahl im September können die Grünen Sitznachbarn der FDP werden. Die Sitz ist noch unklar. In den Oppositionsreihen oder auf der Regierungsbank?
Sie haben es versäumt, Gemeinsamkeiten auszuloten. Da wird vielmehr eine Fallhöhe aufgebaut, die gefährlich ist. Nach der Wahl könnte man nicht ohne Wortbruch zusammen regieren. Wer wie FDP und Grüne so ein neurotisches Verhältnis pflegt, der verdient halt die große Koalition.