Da kommt der Papst aus dem Land der Reformation an den Ort der Reformation, trifft die Kinder der Reformation – und nichts passiert. Zumindest nichts in den Augen derer, die an das historische Treffen hohe konkrete Erwartungen geknüpft hatten.
Die Sensation ist ausgeblieben. Keine Freigabe der Kommunion für evangelische Ehepartner, keine Verabredung, wie man in der Diskussion um das strittige Amtsverständnis zwischen Katholiken („nur geweihte Menschen sind Priester“) und Protestanten („Priestertum aller Gläubigen“) weiterkommt, und keine konkrete Perspektive auf die volle Abendmahlsgemeinschaft.
Benedikt selbst wollte intensive Begegnungen mit den Protestanten
Die Erwartungen an das Treffen in Luthers ehemaligem Kloster waren in den Himmel geschossen – auch, weil Papst Benedikt XVI. selbst es gewesen war, der um eine intensivere Begegnung mit der evangelischen Kirche gebeten hatte. Doch viele waren von vornherein unrealistisch. Benedikt ist kein Politiker, der ein Treffen inszeniert, um „Durchbrüche“ zu verkünden. Ihm ging es tatsächlich um eine intensive Begegnung mit den evangelischen Brüdern und Schwestern – aber nicht im Sinne ökumenischer Fortschritte. Dafür wäre aus Sicht der weltumspannenden Kirche ohnehin eher der lutherische Weltbund der Ansprechpartner.
Dem Papst ging es vor allem darum, sich gegenseitig des gemeinsamen Weges zu versichern. Mehrfach betonte er die gemeinsame Glaubensbasis. Und er schwor die Protestanten von dieser Basis aus auf ein gemeinsames Auftreten in der atheistischen Welt ein. Für den Papst steht an erster Stelle das gemeinsame christliche Bekenntnis in einer säkularen Umgebung – nicht die gemeinsame Kirche. Dass er die evangelischen Repräsentanten zudem dazu aufrief, mit der katholischen Kirche nach Wegen in der Auseinandersetzung mit der aktiv missionierenden evangelikalen Bewegung zu suchen, darf zudem durchaus als Hilferuf verstanden werden.
Was bleibt nach diesem Ökumene-Gipfel?
Doch was bleibt nach diesem „Ökumene-Gipfel“ denen, die unter der Kirchenspaltung leiden? Zunächst in der Tat wenig Konkretes. Benedikt hat klar gemacht, dass es mit ihm keine schnellen, aber womöglich theologisch halbgare Fortschritte geben wird. Auch wenn die Protestanten zu Recht Benedikts Würdigung Luthers hervorheben, bleibt es vorerst bei einer Ökumene der Verschieden- und Geschiedenheit.
Aber was ist so schlecht an Benedikts Vorschlag, statt der Fokussierung auf dieses Trennende künftig mehr das gemeinsame Bekenntnis nach außen zu tragen? Die Gesellschaft unterscheidet ohnehin kaum nach evangelisch und katholisch – braucht aber zunehmend die wertorientierten Zeitansagen der Christen. Das nimmt die Kirchenleitungen jedoch nicht aus der Pflicht, weiter an konkreten Fortschritten zu arbeiten. Dass sich Bischöfe und Präsides da seit Freitag neu ermutigt fühlen, lässt hoffen.