Berlin. Die Deutsche Bahn AG will zukünftig regelmäßig im Internet „Pünktlichkeitsdaten“ veröffentlichen. Die ersten Daten zeigen: Der Regionalverkehr ist meist pünktlich, aber jeder fünfte Fernzug kommt zu spät ans Ziel. Pro Bahn begrüßte die Initiative der Bahn.

Zwischen Januar und August war jeder fünfte Fernzug der Deutschen Bahn AG verspätet. Das geht aus den ersten öffentlichen Pünktlichkeitsdaten hervor, die das Unternehmen seit Dienstag im Internet zugänglich macht. Dabei werden erstmals Nah- und Fernverkehr voneinander getrennt.

Im Regionalverkehr, der den Löwenanteil des Bahnbetriebs ausmacht, betrug die Pünktlichkeit 93,5 Prozent, was die Gesamtquote pünktlicher Personenzüge auf 93,2 Prozent erhöht. Als pünktlich gilt ein Zug, wenn er weniger als fünf Minuten Verspätung hat. Legt man die Maßstäbe des Flugverkehrs an, wo die Grenze bei 15 Minuten liegt, ergibt sich für den Zugverkehr eine Quote von 98,6 Prozent.

Pro Bahn begrüßte die Veröffentlichung

Der Fahrgastverband Pro Bahn hat die Einführung einer monatlichen Pünktlichkeitstatistik bei der Bahn begrüßt. Die Richtung mit der ab Dienstag veröffentlichten Statistik stimme, sagte Verbandschef Karl Peter Naumann im Rundfunkprogramm hr-iNFO: „Der Kunde erwartet Offenheit. Je ehrlicher ein Unternehmen ist, umso sympathischer wirkt es.“ Bahn-Chef Rüdiger Grube sei der erste Bahnchef seit langem, der die Fahrgäste anerkenne und auf sie eingehe.

Grube räumte Versäumnisse bei der Transparenz ein: „Den Kunden interessiert die Pünktlichkeit“, sagte er. „Da haben wir in der Vergangenheit ‘closed shop’ gemacht.“ Ab jetzt aber lege die Bahn ihre Pünktlichkeitswerte offen auf den Tisch. „Und wenn die Werte einmal nicht gut sein sollten, ist das für uns Aufforderung, besser zu werden. Verstecken müssen wir nichts.“

Die Bahn steht seit Jahren in der Kritik von Verbraucherschützern, die ihr vorwerfen, das Ausmaß von Verspätungen und Zugausfällen zu verschweigen, da die Daten bislang nicht öffentlich zugänglich waren. Nun will das Unternehmen jeden Monat nach eigenen Angaben „offen, ehrlich und transparent“ angeben, wie häufig sich ihre Züge verspäten oder ausfallen.

Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) nannte die Pünktlichkeitsoffensive der DB einen "richtigen Schritt, aber nicht ausreichend". Informationen müssten nicht nur über das Internet, sondern auch auf den Bahnsteigen an die Kunden gebracht werden. Dafür seien mehr Personal und eine verbesserte Kommunikation nötig. Die EVG kritisierte, dass bei der Personalplanung Beschäftigte und Bedürfnisse der Kunden zu wenig beachtet würden.Pro Bahn begrüßte die Veröffentlichung

Kritik der Eisenbahn- und Verkehrsgesellschaft

Die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) bewertet die von der Deutschen Bahn vorgestellte Pünktlichkeitsoffensive positiv, fordert aber weitere Maßnahmen. "Die Veröffentlichung im Internet ist ein Schritt in Richtung mehr Service und mehr Kundennähe und deshalb ein richtiger Schritt", sagte Vorstandsmitglied Reiner Bieck. "Man sollte allerdings nicht glauben, dass das Internet alles ist. Die Informationen müssen auf den Bahnsteigen an die Kunden gebracht werden. Die Deutsche Bahn muss sich auch um die Fahrgäste kümmern, die kein Smartphone haben und die nicht ständig mit dem Laptop unter dem Arm herumlaufen."

Dafür sei zum einen mehr Personal nötig und zum anderen müsse die interne Kommunikation verbessert werden, so der Gewerkschafter. Bieck wies darauf hin, dass immer wieder "Eisenbahner auf den Bahnhöfen, in den Reisezentren und den Service Points den zu recht aufgebrachten Kunden nicht mal Auskunft geben konnten. Solche Situationen wollen unsere Kolleginnen und Kollegen nicht noch einmal erleben."

Generell werde bei der Personalplanung bei der Deutschen Bahn zu wenig an die Bedürfnisse der Kunden und zu wenig an die Beschäftigten gedacht, kritisierte Bieck. Er verwies auf aktuelle Pläne des Bahnkonzerns, jede vierte Stelle in den Reisezentren abzubauen. "Auch hier wird der Vertriebsweg Internet zum Vorwand genommen, eine Maßnahme umzusetzen, die zu Lasten der Beschäftigten und zu Lasten der Kunden geht. Wir müssen endlich wegkommen von einem Denken, das sich nur um kurzfristige Rentabilität dreht." (WE/afp/dapd)