Essen. . Charlotte Roche, Matthias Schweighöfer, Tim Bendzko: Nur „Nummer-eins-Gäste“ besuchten Stefan Raab bei TV Total nach der Sommerpause. Schade nur, dass die Sendung ihnen so gar nicht gerecht wurde. Protokoll einer überflüssigen Stunde.
So schlecht, wie alle sagen, war der Sommer eigentlich gar nicht. Immerhin: Er bescherte uns 80 Tage ohne TV Total. Die waren am Montagabend vorbei und zur gewohnten Sendezeit verbreitete Stefan äh Raab, die gewohnte äh Langeweile. Der Moderator, der einst angetreten war, um im Fernsehen zu zeigen, wie blöd das Fernsehen ist, bewies einmal mehr, dass er inzwischen eine bessere Figur macht, wenn er im Fernsehen Sportklamotten tragend Politiker am Gesicht erkennt , als wenn er Pointen vom äh Telepromter ablesend ständig in der Zeile verrutscht. Ändern konnten daran am Montagabend auch seine Gäste Matthias Schweighöfer, Charlotte Roche und Tim Bendzko nichts. Hier die „Highlights“:
Weil der Sommer ohne TV Total auskommen musste, gibt es viel nachzuholen. Frauen haben Fußball gespielt, Amy Winehouse ist tot, in Berlin brannten Autos und ja, der Sommer war auch nicht das, was viele erwartet hatten. TV Total hat zu diesen Themen Menschen auf der Straße befragt, die den Fehler machten, vor dem Mann mit dem Fernsehmikrofon stehen zu bleiben – nicht nur bei Pro Sieben ein bewährtes Instrument. Sich auf Kosten anderer zu amüsieren, bietet sich immer an, wenn gut bezahlten Redakteuren selbst keine Idee einfällt, wie aus per se Gag-ungeeigneten Themen vielleicht doch ein Lacher zu machen ist.
Raab zeigt Fernsehpatzer vom Wahlabend in Mecklenburg-Vorpommern. Zu sehen ist ein NDR-Reporter in der CDU-Wahlkampfzentrale. Die erste Hochrechnung ist raus. CDU-Spitzenkandidat Lorenz Caffier will gerade Staatstragendes zum desaströsen Wahlergebnis seiner Partei sagen. Blöd nur, dass der NDR-Reporter das gleichzeitig kommentieren will – zwei Meter neben ihm. Der Zuschauer versteht beide nicht. Der Blick des Reporters wird immer verzweifelter. „Die Stimmung hier ist sehr gedrückt“, sagt er zum wiederholten Male. Vermutlich meint er seine eigene. Caffier versucht, nicht noch irritierter dreinzuschauen. Fernsehen kann ja doch witzig sein.
Mann fällt auf Hürde, Frau stürzt auf Knie
TV Total würdigt auch die Leichtathletik-WM mit einem Filmchen. Darin: Mann fällt auf Hürde, Frau stürzt auf Knie, Stab knickt wegen Mann ein, Mann stürzt, Speer trifft Schiedsrichter in Bauch. Das alles sind alte Bilder, man konnte sie schon oft bei „Upps die Pannenshow sehen“ – nur besser zusammengeschnitten.
Matthias Schweighöfer ist da. Der Schauspieler hat seinen ersten Film als Regisseur gedreht. Schon jetzt steht er auf Platz eins der Kinocharts. „Ein Nummer-eins-Gast“, sagt Raab. „Unglaublich erfolgreich“. Den Rest liest er schnell ab. Mädchen mit Zahnklammern, die in der ersten Zuschauerreihe sitzen, grinsen sich mit roten Wangen an. Raab fällt die innovative Frage ein, wie es ist, gleichzeitig Hauptdarsteller und Regisseur eines Films zu sein. Schizophren, antwortet der Berliner Frauenschwarm. Er hat, wen wundert’s, eine Szene aus „What a man“ mitgebracht. Darin kommen Schimpfwörter für Frauen vor, die zu Männern gesagt werden. „Lustig“, findet das Raab.
Schweighöfer musste in Unterhose durchs Brandenburger Tor spazieren
Weil das viele Menschen in Deutschland genau so sehen und mehr als 500.000 von ihnen Geld für eine Kinokarte bezahlt haben, hat Schweighöfer kürzlich eine Wette verloren. In Unterhose musste er durchs Brandenburger Tor spazieren. Auf den Bildern sei ihm aufgefallen, wie kurz seine Beine seien, erzählt er Raab. „Arschfüßler“, nennt dieses Phänomen der Moderator und könnte sich wegschmeißen. „Wie lustig“, findet auch der Jungregisseur. Bevor Schweighöfer tänzelnd über die Showtreppe entschwindet, droht er noch einen „What a Man“-Nachfolger an.
Weil in Schweighöfers Filmausschnitt schon so viele versaute Worte vorkamen, soll Charlotte Roche nur den harmloseren Teil der zu Beginn ihres Bestsellers „Schoßgebete“ auf insgesamt 18 Seiten geschilderten Fellatio vorlesen. Die Zahnklammer-Mädchen aus der ersten Reihe kichern wieder. Wie im Biologie-Unterricht. Raab ist auch aufgeregt, weil das Buchcover zwei Eicheln zieren. Noch lieber als die gebundene Ausgabe will er nach der Sendung aber die Hörbuchvariante behalten. „Mit der hast du die Hände frei“, sagt Roche. Raab wiederholt ihren Witz in drei Varianten, damit auch der letzte inzwischen Eingeschlafene bemerkt: Da war tatsächlich mal eine Pointe. Auch Charlotte Roche droht, bevor sie geht, ein weiteres Werk an.
Tim Bendzko wird äh anmoderiert. Der Sänger und Weltenretter muss nur noch kurz einen Wahlwerbespot für den Bundesvisionsongcontest zeigen, dann hält Raab auch schon dessen CDs in die Kamera. Ein untrügliches Zeichen: Das „Gespräch“ ist beendet. Immerhin, Bendzko darf noch auftreten. Er singt die Zeile „Ich hab’ keine Worte für Dich.“ Sie könnte Raabs Leitmotiv bei TV Total sein.