Dortmund.

Neonazis und autonome Gruppen haben in Dortmund Großaufmärsche angekündigt. Ausgerechnet jetzt ist der Polizeifunk gestört. Die Kommunikation funktioniert nicht einwandfrei. Schuld ist das neue Digitalradio DAB+. Experten hatten zuvor vor dieser Panne gewarnt.

Drei Tage vor den angekündigten Großaufmärschen tausender Neonazis und autonomer Gruppen in Dortmund steckt die Polizei in einer bösen Klemme. Die Handfunkgeräte, mit denen sich die Beamten außerhalb ihrer Fahrzeuge im Einsatz verständigen müssen, funktionieren nicht zuverlässig. Ihr Funknetz wird durch die Signale des Digitalradios gestört, das seit dem 1. August bundesweit unter der Bezeichnung DAB+ auf einem neuen Netz in Betrieb ist.

„Im normalen Alltag können die Polizisten mit den Geräten arbeiten. Aber bei Großlagen wird der Empfang gestört. So bald die Geräte in einem bestimmten ungünstigen Winkel gehalten werden, geht es nicht mehr“, bestätigte Heidi Lichtenstein, Sprecherin des Landesamtes für Zentrale Polizeiliche Dienste in Duisburg, gegenüber DerWesten. Auch andere Kommunikationsmöglichkeiten fehlen. Handys können nicht genutzt werden, weil sie zum einen nicht abhörsicher sind und außerdem gerade bei großen Menschenansammlungen gerne den Dienst versagen.

Sender wird am Wochenende abgeschaltet

Frank Richter, der NRW-Chef der Gewerkschaft der Polizei, sagte der Bild-Zeitung: „Gerade aus der Loveparade-Katastrophe in Duisburg haben wir doch gelernt, wie verheerend es sein kann, wenn die Kommunikation zusammenbricht. Es kann nicht sein, dass die Frequenzen für die Privatwirtschaft auf Kosten der Sicherheit verkauft werden.“

Die nordrhein-westfälische Polizei, die nach den Erfahrungen früherer Jahre bei den Aufmärschen in Dortmund auch mit Ausschreitungen und Gewaltausbrüchen rechnet, macht jetzt politischen Druck. Sie hat sich mit der Bundesnetzagentur in Bonn in Verbindung gesetzt. Die Behörde soll dafür sorgen, dass „bei Großlagen der Sendebetrieb des Digitalradios eingestellt wird“, sagte Lichtenstein.

Mittlerweile ist eine zwischenzeitlich erwägte Absage der Demonstration in Dortmund vom Tisch, teilte Polizeisprecher Wolfgang Wieland auf Anfrage mit. Der Sender DAB+ wird für das gesamte Wochenende temporär abgeschaltet. Das hat die zuständige Bundesnetzagentur beschlossen. "Ein Dauerzustand kann das natürlich trotzdem nicht sein", so Wieland, schließlich gebe es auch "in der täglichen Einsatzbewältigung Störungen".

Digitaler Polizeifunk frühestens 2014

Seit dem 1. August arbeiten im ganzen Bundesgebiet 27 starke Sendeanlagen für das Digitalradio. Experten hatten schon vor der Inbetriebnahme gewarnt, sie könnten den Polizeifunk massiv stören. Hintergrund ist auch, dass Deutschland eines der wenigen Länder in Europa ist, die noch keinen digitalen Polizeifunk haben. Jahrelange Kompetenzstreitigkeiten und auch technische sowie finanzielle Probleme haben die Einführung verzögert. Jetzt soll dieser Funk, der dann abhörsicher ist, frühestens 2014 eingeführt werden.