Berlin. Eine neue Studie geht der Frage nach, wie sich die Häufigkeit bestimmter Krankheiten in Deutschland entwickelt. Ergebnis: Aufgrund des Alterungsprozesses und der Demographie gibt es einen enormen Anstieg - etwa der Herzinfarkte. Die Versorgung der Patienten kommt daher rasch an ihre Grenzen.

Das deutsche Gesundheitswesen ist einer neuen Studie zufolge personell und finanziell nicht auf die künftige demografische Entwicklung vorbereitet. Bereits in zehn Jahren, wenn die geburtenstarken Jahrgänge zunehmend das Rentenalter erreichten, werde dies gravierende Auswirkungen haben, wie eine Untersuchung ergab, die das Fritz Beske Institut für Gesundheits-System-Forschung am Dienstag in Berlin vorstellte. «Es darf keine weitere Reform im Gesundheitswesen, keine neue Gesetzgebung mehr geben, die sich nicht an der demografischen Entwicklung orientiert», forderte Institutschef Fritz Beske.

Verdopplung der Demenzfälle

Laut der «Morbiditätsprognose 2050», die die zukünftige Krankheitshäufigkeit für 22 ausgewählte Erkrankungen hochrechnet, ist zwischen 2007 und 2050 unter anderem mit einer Verdopplung der Demenzkranken von 1,1 auf 2,2 Millionen zu rechnen. Die Zahl der Herzinfarkte könnte in diesem Zeitraum um 75 Prozent auf 548.000 und die der Diabetiker um mehr als ein Fünftel auf dann 7,8 Millionen steigen.

In seinen in Berlin vorgestellten Hochrechnungen verglich das Fritz-Beske-Institut für Gesundheits-System-Forschung in Kiel die Zahl der Erkrankungen mit der Entwicklung der Bevölkerungsstruktur. So nimmt bis 2050 die Zahl der Erwerbsfähigen um 29 Prozent ab, die der nachwachsenden Generation unter 20 Jahren verringert sich sogar um 35 Prozent. Demgegenüber steigt die Zahl der Rentner um 38 Prozent und die Zahl der Hochbetagten über 80 Jahre um 156 Prozent. Damit stehen laut Studie 2050 nur noch 1,6 Erwerbsfähige für einen nicht mehr Berufstätigen zur Verfügung. «Diese Rechnung geht nicht auf», sagte Beske.

Beske wies darauf hin, dass schon ab 2020 die geburtenstarken Jahrgänge ins Rentenalter einträten. Ab dann sei zu erwarten, dass die Probleme im Gesundheitswesen stark zunehmen. Ablesen lasse sich dies am Land Brandenburg, wo die Bevölkerungszahl schneller schrumpft als im restlichen Deutschland. Dort wandern die Jungen aus, und die Alten und Kranken bleiben zurück. Die für Gesamtdeutschland für das Jahr 2050 errechnete Fallzahl an Krankheiten werde dort schon 2030 erreicht.

Schnelles Handeln dringend geboten

Der Forscher appellierte an die neue Bundesregierung, nach der Wahl schnell zu handeln. «Es darf keine weitere Reform im Gesundheitswesen, keine neue Gesetzgebung mehr geben, die sich nicht daran orientiert, was an Problemen auf die Gesundheitsversorgung aufgrund der demografischen Entwicklung zukommt», erklärte Beske. Die Planung für eine gesicherte Gesundheitsversorgung der heute 55-Jährigen müsse deshalb jetzt beginnen.

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) forderte angesichts der Studie von Politik und Krankenkassen, sie müssten «ihrer Aufgabe gerecht werden und die Mittel für den steigenden Bedarf zur Verfügung stellen». «2050 scheint noch weit, aber wir müssen jetzt gegensteuern», erklärte KBV-Chef Andreas Köhler in Berlin. (afp)