Hamburg. .

An 200 Stationen müssen Autofahrer bereits für Luft zahlen. Ein Euro kostet dort die Benutzung der Luftdruckgeräte. Der ADAC rät Autofahren nun, sich eine andere Tankstelle zu nutzen.

Nach dem Reifenwechsel im Frühjahr, vor der großen Urlaubsfahrt: Etwa zwei bis dreimal pro Jahr prüft der deutsche Autofahrer den Reifendruck an seinem Fahrzeug. Und die meisten machen das an einer der 14.700 Tankstellen, wo bisher kostenlose Luftdruckgeräte bereitstehen. Das könnte bald vorbei sein, denn an 200 Stationen müssen Autofahrer bereits dafür einen Euro bezahlen. Meistens sind die Pächter es leid, kaputte oder gestohlene Geräte aus eigener Tasche zu ersetzen.

Einer der Vorreiter bei der Einführung der neuen Technik ist die bayerische Tankstellenkette Benzin-Kontor aus Herrsching. „Wir haben die Geräte im September 2010 eingeführt und hatten nur wenige Beschwerden von Kunden“, berichtet Manager Volker Graul.

Andere Kunden hätten die neuen Geräte sogar gelobt, weil sie einfacher in der Bedienung seien: Der Kunde stellt über eine Taste den richtigen Reifendruck ein und klemmt den Luftschlauch auf das Ventil. Das Gerät pumpt dann automatisch so viel Luft wie nötig nach.

Bei den alten Trage-Geräten muss der Kunde dagegen gleichzeitig den Anschluss auf das Ventil pressen, einen Knopf drücken und ein Manometer im Blick behalten. Nach Grauls Beobachtung kommen vor allem etwa ungeschickte Kunden besser mit den neuen Geräten zurecht.

ADAC rät zur Suche nach einer anderen Tankstelle

Ganz anders sieht das der ADAC. Er lehnt die neuen Luftdruckgeräte ab. „Die Autofahrer sollten sich eine Tankstelle suchen, an der sie nicht bezahlen müssen“, sagt Sprecher Andreas Hölzel. Seit Jahrzehnten seien die Autofahrer gut mit den herkömmlichen Geräten zurechtgekommen, fügt er hinzu.

Nach Angaben der Jülicher Firma Air-Serv GmbH soll die Zahl der Station mit Bezahl-Luft schnell steigen: „Das ist erst der Anfang, wir haben noch viel mehr Aufträge vorliegen“, sagt Air-Serv-Geschäftsführer Nick Janssen der Nachrichtenagentur dapd.

Air-Serv ist nach eigenen Angaben Marktführer bei Luftdruck-Prüfanlagen mit Bezahlfunktion. Die Firma hat laut Janssen schon an mehr als 200 Stationen Druckprüfer installiert, an denen die Kunden eine Euro-Münze einwerfen müssen. Dafür können sie fünf Minuten lang Druckluft abzapfen.

Allein für Wartung, Strom, Eichkosten und ähnliches fallen pro Tankstelle 400 bis 800 Euro im Jahr für die Luft an. Insbesondere die alten tragbaren Geräte werden oft gestohlen oder beim Rangieren beschädigt. Air-Serv betreibt die Anlagen auf eigenes Risiko und kassiert dafür die Gebühr, die Tankstelle wird beteiligt.

Konzerne halten sich zurück

Die großen Ölkonzerne wie Aral, ExxonMobile (Esso) oder Shell führen die neue Technik nach eigenen Angaben bisher nicht aktiv ein. Allerdings können sie nicht für alle Tankstellen unter ihrem Logo sprechen, denn viele Stationen sind in Privatbesitz. Bei Shell läuft nach Angaben eines Sprechers ein Test mit Bezahl-Luft an mehreren Tankstellen nahe der niederländischen Grenze. „Insgesamt gibt es das an etwa zehn Shell-Stationen“, sagt Sprecher Matthias von Glischinski-Kurc.

Die Geld-für-Luft-Geräte können dem Tankwart noch anders nützen: Ein Betreiber am Bodensee habe sich immer über Horden von Radtouristen geärgert, die Luft nachpumpten ohne Umsatz zu machen, berichtet Tankstellenmanager Graul. Die seien seit der Umstellung weg. (dapd)