Moskau. . 41 Menschen sind tot, 80 werden noch vermisst - das ist die Bilanz des Untergangs der „Bulgaria“ auf der Wolga in Russland. Die Rettungskräfte haben die Suche noch nicht aufgegeben. Angeblich war das Schiff völlig überladen.

Trotz der schwindenden Hoffnung auf Überlebende haben Rettungskräfte einen Tag nach dem Untergang eines Ausflugsschiffs auf der Wolga am Montag ihre Suche fortgesetzt. Die „Bulgaria“ war am Sonntag zwischen der Ortschaft Bolgar und der Provinzhauptstadt Kasan rund 750 Kilometer östlich von Moskau und drei Kilometer vom nächsten Ufer entfernt gesunken.

Das Katastrophenschutzministerium bestätigte den Tod von 41 Menschen. 80 Personen wurden am Montag nach offiziellen Angaben noch vermisst. Bei den Überlebenden handelte es sich ausschließlich um russische Staatsbürger. Ob sich auch Ausländer an Bord des Schiffes befanden, war zunächst unklar.

Russische Nachrichtenagenturen meldeten unter Berufung auf Katastrophenschutzminister Sergej Schoigu, zum Zeitpunkt des Unglücks hätten sich wohl 208 Personen an Bord des Schiffs aufgehalten, das lediglich für 120 Menschen zugelassen war. Darunter waren offenbar auch zahlreiche Kinder. Kurz vor dem Unglück hätten sich rund 50 Kinder im Veranstaltungsraum der „Bulgaria“ versammelt, zitierten russische Medien einen Überlebenden.

Schiff innerhalb von acht Minuten gesunken

Der Grund für das Kentern des Schiffs war am Montag weiter unklar. Augenzeugenberichten zufolge neigte sich die „Bulgaria“ bei einem Wendemanöver nach Steuerbord und wurde von einer Welle überspült, sagte Igor Panischin vom regionalen Katastrophenschutzministerium der Nachrichtenagentur RIA Nowosti. Daraufhin sei das Schiff innerhalb von acht Minuten gesunken.

„Es passierte sehr schnell. Luken und Türen wurden eingedrückt“, sagte Wladimir Schiribiriw, unter dessen Freunden sowohl Überlebende als auch weiterhin Vermisste waren. Einer der Überlebenden habe ihm gesagt, dass alle Geretteten mit Öl beschmiert waren.

Unterdessen wurden auch Vorwürfe gegen Kapitäne anderer Wolgaschiffe laut. Überlebende berichteten dem Nachrichtensender Westi 24, mehrere andere Schiffe seien der „Bulgaria“ nicht zu Hilfe gekommen. „Zwei Schiffe haben nicht angehalten, obwohl wir gewunken haben“, sagte ein etwa 40-jähriger Mann dem Sender.

Präsident Medwedew fordert Untersuchung

Russlands Präsident Dmitri Medwedew verlangte am Montag eine genaue Untersuchung des Unfalls und erklärte den (morgigen) Dienstag zum Trauertag. Außerdem forderte der Präsident eine vollständige technische Überprüfung aller russischen Passagierschiffe. Nach Auskunft des Verkehrsministeriums gibt es in Russland 1.568 Passagierschiffe, von denen 100 so alt oder älter als die 56-Jahre alte „Bulgaria“ sind.

Die „Bulgaria“ wurde 1955 in der damaligen Tschechoslowakei gebaut und gehörte einem örtlichen Reiseveranstalter. Nach Angaben des russischen Tourismusverbandes war das Schiff seit Jahren nicht gewartet worden.

Zudem habe die „Bulgaria“ über keine Trennwände im Inneren verfügt und sei deshalb recht fragil gewesen, sagte ein Tourismusexperte. „Im Falle eines Unfalls sinken diese Schiffe innerhalb von Minuten“, sagte Dmitri Woropajew, Chef der Samara Travel Company, der Nachrichtenagentur RIA Nowosti. (dapd)