Berlin. . Die Europäische Zentralbank fordert eine Aufstockung des Euro-Rettungsschirms. Hintergrund sind Ängste um das hoch verschuldete Italien.

Aus Furcht vor einer Ausweitung der Schuldenkrise auf Italien hat die Europäische Zentralbank (EZB) einem Bericht zufolge eine deutliche Aufstockung des Euro-Rettungsschirms gefordert. Möglicherweise müsse der Rettungsschirm sogar auf 1,5 Billionen Euro verdoppelt werden, berichtet die Zeitung „Die Welt“ unter Berufung auf ranghohe Zentralbankkreise.

Es müsse aus EZB-Sicht zudem eine grundlegende Reform der EU-Krisenpolitik geben, ansonsten drohe die aktuelle Krise an den EU-Anleihemärkten außer Kontrolle zu geraten: „Das schlechte Krisenmanagement der europäischen Regierungen sorgt dafür, dass die Kosten der Rettung ständig steigen“, sagte ein europäischer Zentralbanker, der nicht genannt werden wollte.

„Der bestehende Schirm in Europa reicht nicht aus, um eine glaubwürdige Schutzmauer um Italien zu bauen. Dafür war er nie angelegt“, zitierte die „Welt“ den EZB-Banker weiter. Die Situation werde schon verglichen mit der Lage im Herbst 2008, als die deutsche Bundesregierung eine Billionen-Euro-Garantie für Spareinlagen in Deutschland abgab. Eine EZB-Sprecherin wollte die Informationen nicht kommentieren hieß es in dem Bericht weiter.

Nur Griechenland ist stärker verschuldet als Italien

Bislang galten neben Griechenland, Irland, Portugal und Spanien als Sorgenkinder. Dass nun Italien ins Visier gerät, ist beim Blick auf die Zahlen kein Wunder. Italien ist nach Deutschland und Frankreich die drittgrößte Volkswirtschaft der Eurozone und mit 120 Prozent des Bruttoinlandsprodukts verschuldet. Nur Griechenland ist höher verschuldet. Italiens plagen Verbindlichkeiten von insgesamt 1800 Milliarden Euro.

Nachdem bereits im Juni der Chef der niederländischen Notenbank, Nout Wellink, eine Verdopplung des Rettungsschirms gefordert habe, gebe es auch im EZB-Rat dazu nun einen breiten Konsens, schreibt die Zeitung. Die Entscheidung zu fällen sei aber nicht Aufgabe der EZB, sondern der Regierungen. Dabei geht es den Geldpolitikern nicht nur um Aufstockung, sondern auch um eine flexiblere Gestaltung des Rettungsschirms. „Die europäischen Notenbanken sind nicht mehr bereit, weitere Anleihen der Staaten zu kaufen“, heiße es in EZB-Kreisen. „Das sollten die Finanzminister dem Rettungsschirm ermöglichen.“ Außerdem müsse man schnell intervenieren können, ohne auf lange Programmverhandlungen zu warten.

Wichtig sei zudem sei bessere Krisenkommunikation: Euro-Gruppe-Chef Jean-Claude Juncker „redet zwar ständig, aber niemand hört mehr auf ihn“, sagte ein Notenbanker dem Blatt. Besonders wichtig sei, umgehend die Beteiligung des privaten Sektors an den Krisenplänen vom Tisch zu nehmen: Der Schaden sei bereits jetzt enorm, ohne dass es einen Nutzen gebe. Vor allem die deutsche Bundesregierung werde deshalb in EZB-Kreisen scharf kritisiert.

Dementi von Barroso: Beim Treffen handelt es sich um eine regelmäßige Unterredung

EU-Ratspräsident Herman van Rompuy hat EU-Kreisen zufolge für Montagmorgen ein Krisentreffen einberufen. Man sorge sich vor einem Übergreifen der Schuldenkrise auf Italien, hieß es von mit der Angelegenheit vertrauten Kreisen. An dem Sondertreffen nehmen demnach EZB-Präsident Jean-Claude Trichet, Euro-Gruppen-Chef Jean-Claude Juncker, EU-Währungskommissar Olli Rehn sowie EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso teil. Allerdings dementierten Mitarbeiter sowohl von Barroso als auch von van Rompuy, dass es sich um ein Krisentreffen handele. Das Treffen sei eine regelmäßige Unterredung, Trichet, Juncker und Rehn kämen diesmal hinzu, um die nächste Konferenz der Eurogruppe vorzubereiten.

Viviane Reding fordert Zerschlagung der großen Rating-Agenturen

In der Diskussion über die Macht der Ratingagenturen besteht EU-Justizkommissarin Viviane Reding auf der Zerschlagung der drei US-Riesen Standard & Poors (S&P), Moody’s und Fitch. "Europa darf sich nicht von drei US-Privatunternehmen kaputt machen lassen", sagte Reding der Tageszeitung "Die Welt". "Entweder beschließen die G20-Staaten gemeinsam, das Kartell der drei US-Ratingagenturen zu zerschlagen. Die USA könnten beispielsweise aufgefordert werden, aus drei Ratingagenturen sechs zu machen. Oder aber es werden unabhängige europäische und asiatische Ratingagenturen geschaffen." Das brauche allerdings Zeit.

Die Kritik an den Schuldenrichtern wächst unaufhörlich. Der Fraktionsvorsitzende der SPD im Bundestag, Frank-Walter Steinmeier, sagte der "Wirtschaftswoche", Ratingagenturen seien "ein ernst zu nehmendes Problem für die Stabilität von Staaten". Sie seien nur dem Profit verpflichtet und trieben notleidende Staaten systematisch in die Pleite.

Entbrannt war die Diskussion, nachdem Moody"s die Kreditwürdigkeit Portugals Anfang Juli auf Ramschniveau herabgestuft und dadurch einen Kurssturz der Börse in Lissabon ausgelöst hatte.(afp/rtr/kpr)