London. .

Sie sollen die Handys von Terror-Opfern und toten Teenagern abgehört haben: Angesichtes des jüngsten Skandals um die Boulevard-Zeitung News of the World will Medienmogul Robert Murdoch das Blatt nach der nächsten Ausgabe einstellen.

Das Medienimperium News Corp von Rupert Murdoch zieht Konsequenzen auf dem ausufernden Abhörskandal beim Boulevard-Blatt "News of the World": Die britische Zeitung werde am Sonntag letztmalig erscheinen, teilte der Konzern überraschend am Donnerstag mit. In den letzten Tagen waren ständig neue Vorwürfe gegen Journalisten der vor 168 Jahren gegründeten Zeitung an die Öffentlichkeit gelangt. Sie sollen Tausende Telefone abgehört haben, unter anderem von Verwandten getöteter britischer Soldaten, von vermissten Kindern und den Todesopfern der Bombenanschläge 2005 in London. Sollten die Beschuldigungen wahr sein, sei das Verhalten der Journalisten unmenschlich gewesen, betonte der Verwaltungsratsvorsitzende des britischen Tageszeitungsarms News International, James Murdoch. Für sie gebe es "keinen Platz in unserem Unternehmen", betonte der Sohn des Imperiumsgründers.

Der Abhörskandal dauert seit Jahren an. Erst am Mittwoch forderte der britische Premierminister David Cameron eine umfassende Untersuchung der Affäre. Im Mittelpunkt steht die heutige News-International-Managerin Rebekah Brooks, die zum Zeitpunkt der mutmaßlichen Taten Redakteurin beim Verkaufschlager "News of the World" war. Sie gilt als Verbündete von Murdoch. Ein Sprecher Camerons betonte nach Bekanntgabe der Schließung, die Verantwortlichen für das Fehlverhalten müssten vor Gericht gestellt werden.

Experten zeigten sich vom Ende des 1969 von Murdoch gekauften Blattes überrascht. Er sei platt, sagte Kommunikationsprofessor Steven Barnett der Westminister University. Er versicherte, der Schritt werde etwas Druck von den Journalisten nehmen. Der zuständige britische Verlag News International erklärte, die Einnahmen aus der am Sonntag verkauften Ausgabe würden einem wohltätigen Zweck gespendet. Zudem würden keine Anzeigen geschaltet. Ob der in den USA ansässige Konzern anstelle der "News of the World" einen neuen Titel auf den Markt bringt, war zunächst unklar. Zuletzt wurden von der Wochenzeitung rund 2,6 Millionen Exemplare verkauft.

Murdoch unter Druck

Für Rupert Murdoch kam der Skandal zur Unzeit. Er setzt derzeit alles daran, mit News Corp den britischen Satellitensender BSkyB zu übernehmen. Zuletzt versicherte die konservativ-liberale Regierung, der Skandal und die Übernahme stünden nicht in Verbindung. Allgemein wird kritisiert, dass der in Australien geborene 80-jährige Murdoch durch das Geschäft zu viel Medienmacht in seinen Händen vereint. Oppositionsführer Ed Miliband forderte, die Übernahme müsse an die Europäische Kommission verwiesen werden. Zugleich riet er der Managerin Brooks, das Unternehmen zu verlassen.

Die politischen Unruhen hatten zuletzt dazu geführt, dass sich bereits einige Anzeigekunden von dem Konzern abwandten. Nachdem die News-Corp-Aktie am Mittwoch mehr als fünf Prozent in New York gefallen war, zog sie am Donnerstag wieder leicht an. (rtr)